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Positive Bilanz nach drei Jahren Arbeit für den gesundheitlichen Verbraucherschutz
16/2006, 14.06.2006
BfR stellt Jahresbericht und Gutachten des Wissenschaftsrates vor
Mit der Gründung des Bundesinstituts für Risikobewertung im November 2002 hat der Gesetzgeber die Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement institutionalisiert und damit auf europäischer Ebene Maßstäbe gesetzt. Risikobewertung auf hohem wissenschaftlichem Niveau, frei von wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Interessen, transparent und damit nachvollziehbar für die Öffentlichkeit, war das Ziel dieser Maßnahme. Ein hoher Anspruch und eine große Herausforderung für das junge Institut. Nach drei Jahren Arbeit für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zog der Präsident des BfR, Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, heute im Bundespresseamt eine erste, positive Bilanz: „Wir haben die Herausforderung gemeistert. Das belegt unser Jahresbericht und unterstreicht der Wissenschaftsrat in seinem aktuellen Gutachten.“ Resümierend heißt es darin, dass sich die Arbeit des Instituts durch qualitativ gute bis sehr gute Forschung und wissenschaftsbasierte Dienstleistungen sowie durch eine ausgeprägte Wissenschaftsorientierung bei der Bewertung von Risiken für den Verbraucher auszeichnet.
Aufgabe des BfR ist es, Risiken, die Lebens- und Futtermittel, Chemikalien und verbrauchernahe Produkte für den Verbraucher bergen können, zu identifizieren, zu bewerten, der Politik Maßnahmen für ihre Begrenzung vorzuschlagen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Das BfR forscht aktiv, erarbeitet, evaluiert und standardisiert Nachweismethoden für die amtliche Überwachung und setzt sich dafür ein, möglichst viele der heute noch gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche durch tierversuchsfreie Methoden zu ersetzen oder zu ergänzen. Aktuelles Beispiel ist der Maus-Bioassay, der in der Europäischen Union zum Nachweis von Algengiften vorgeschrieben ist, die sich in Muscheln und anderen Meeres-Schalentieren anreichern können. Ihr Verzehr kann beim Menschen Durchfall und Lähmungen auslösen, in schweren Fällen sogar zum Tod führen. Um die Algengifte nachzuweisen, wird Mäusen ein Extrakt des Muschelgewebes in die Bauchhöhle injiziert. Der Tod der Maus gilt als Giftnachweis. Das BfR kritisiert, dass die Methode unzuverlässig und unempfindlich ist. „Der zuverlässige Schutz der Verbraucher“, so Andreas Hensel, „lässt sich ohne Tierversuche besser gewährleisten, und unzähligen Mäusen bleibt unnötiges Leid erspart“. Das Institut arbeitet aktiv an chemisch-analytischen Alternativmethoden und fordert deren rechtliche Anerkennung von der Europäischen Kommission, damit sie im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung europaweit routinemäßig eingesetzt werden können. Die Kommission hat reagiert und will die Gesetze aktualisieren.
Nicht der Tierschutz, sondern der Verbraucherschutz steht bei der Beurteilung so genannter Mehrfachrückstände im Vordergrund: Im Rahmen der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werden für die Einzelstoffe Rückstands-Höchstgehalte in Lebensmitteln abgeleitet, die bei guter landwirtschaftlicher Praxis eingehalten werden können und dann kein Risiko für den Verbraucher darstellen. Anders könnte es jedoch bei Kombinationswirkungen dieser Einzelstoffe aussehen. Noch ist unklar, ob und welche gesundheitlichen Risiken mit Mehrfachrückständen in Lebensmitteln verbunden sind. Um sie gesundheitlich umfassender bewerten zu können, müssen geeignete Konzepte entwickelt werden. Hieran arbeitet das BfR gemeinsam mit in- und ausländischen Wissenschaftlern und Verbraucherschützern.
Bei den Risiken durch Infektionserreger stand im vergangenen Jahr die Vogelgrippe im Fokus der Öffentlichkeit. Die Angst vor dem Übergreifen der Tierseuche auf den Menschen warf unzählige Fragen nach dem Gesundheits- und Verbraucherschutz auf. Das BfR hält eine Ansteckung mit dem Vogelgrippevirus über Lebensmittel für unwahrscheinlich, mahnt aber trotzdem zur Aufmerksamkeit. Die Vogelgrippe ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Bedeutung interdisziplinärer und staatenübergreifender Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können. Dazu gehört auch die Campylobacteriose, an der in Deutschland im Jahr 2005 mit über 60.000 Fällen erstmals mehr Menschen erkrankten als an Salmonellosen. Fast die Hälfte der Fälle lässt sich auf Geflügelfleisch zurückführen. Da weniger als ein Drittel des in Deutschland verzehrten Hähnchenfleisches auch hier produziert wird, sind Maßnahmen zur Verringerung des Risikos nur dann erfolgreich, wenn sie international ergriffen werden.
Die Sicherheit von Kinderspielzeug, kosmetischen Mittel oder auch Lebensmittelverpackungen gehört zu den Arbeitsschwerpunkten des Instituts, die von hoher öffentlicher Relevanz sind. Potenzielle Risiken, die verbrauchernahe Produkte bergen können, haben in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt: Jüngstes Beispiel sind treibgasbetriebene Glas- und Keramikversiegeler, die im Handel als Nanotechnologie-Produkte angepriesen wurden und in kürzester Zeit bei mehr als 100 Anwendern zum Teil schwere Lungenschäden verursacht haben. Solchen Risiken will sich das Institut künftig noch stärker widmen und hat dafür jetzt eine eigene Abteilung für Produktsicherheit eingerichtet.
„Mit wissenschaftlicher Unabhängigkeit, der Qualität unserer Arbeit und der Transparenz unserer Bewertungen tragen wir aktiv dazu bei, dass Lebensmittel, Stoffe und Produkte sicherer werden“, so Andreas Hensel auf der Jahrespressekonferenz. Der Wissenschaftsrat hat diese Ausrichtung in seinem Gutachten bestätigt: Konzepte und Vorhaben des Instituts überzeugten und seien zu unterstützen. Das BfR befinde sich auf einem guten Weg, zu der nationalen Einrichtung zu werden, die im Bereich der gesundheitlichen Risikobewertung Orientierungswissen aus einer Hand biete.
Der Jahresbericht 2005 und das Gutachten des Wissenschaftsrates stehen auf der Homepage des BfR (www.bfr.bund.de) zur Verfügung.
Stellungnahmen
(1)Datum | Titel | Größe |
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19.05.2006 Stellungnahme des Wissenschaftsrates
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Stellungnahme zum Bundesinstitut für Risikobewertung, 2006 |
268.5 KB |