Die Rolle des BfR in PARC

Das BfR nimmt innerhalb von PARC eine herausragende Rolle ein. Es ist sowohl durch die Co-Geschäftsführung des deutschen National Hubs, als auch die Mitwirkung in zwei Verwaltungsgremien, dem Grant Signatory Board (MSB) und dem Management Board (MB) an der Steuerung der Partnerschaft beteiligt. Der National Hub ist ein Netzwerk von Entscheidungsträgern, Forschungsförderern, Interessenvertretungen und der Forschungsgemeinschaft, das Anregungen liefert und Synergien und Zusammenarbeit mit anderen Initiativen sicherstellt. Weitere Informationen über die Struktur und die Aktivitäten des deutschen PARC National Hub finden Sie hier. Das Grant Signatory Board und das Management Board verwalten, planen und entscheiden über Aktivitäten und Projekte innerhalb von PARC.

Das BfR beteiligt sich außerdem an PARC-Aktivitäten, indem es Work Packages (dt. „Arbeitspakete“) (WPs) leitet und inhaltlich in verschiedenen WPs arbeitet. Die BfR-Fachgruppe "Prüf- und Bewertungsstrategien für Pestizide" zum Beispiel leitet das PARC WP 5 "Hazard Assessment" (dt. "Gefährdungsbeurteilung") mit, die BfR-Fachgruppe "Steuerung der Verfahren und Bewertungsstrategien" leitet die PARC-Task 2.2 " Knowledge management and uptake into policy" (dt. "Wissensmanagement und Umsetzung in die Politik") innerhalb des WP 2 mit.

Damit ist das BfR sowohl an übergreifenden Aktivitäten der Partnerschaft als auch an wissenschaftlichen Projekten der genannten Arbeitspakete beteiligt. Insgesamt sind rund 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR in PARC involviert.

Beteiligung des BfR an den PARC-Arbeitspaketen

Das BfR im Arbeitspaket 2 "A common science to policy agenda" (dt. „Eine gemeinsame Agenda von Wissenschaft und Politik“)

PARC bietet eine einzigartige Möglichkeit, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Regulatorinnen und Regulatoren, nationale und europäische Behörden sowie politische Entscheidungsträger zusammenzubringen und damit vor allem die Umsetzung von Innovationen in die regulatorische Praxis zu erleichtern. Das Ziel des WP 2, das sich als "Eine gemeinsame Agenda von Wissenschaft und Politik" übersetzen lässt, ist es, angemessene Verbindungen zwischen Forschungsaktivitäten und regulatorischen Anforderungen zu ermöglichen. Das Arbeitspaket besteht aus drei Aufgaben, sog. Tasks:

  • Task 2.1 "Prioritätensetzung" sammelt regulatorische Informationen und Forschungsbedarfe von politischen Entscheidungsträgern, Interessengruppen und Expertinnen und Experten. Auf dieser Grundlage werden Stoffe bzw. Stoffgruppen mit Datenlücken und/oder Wissensbedarf identifiziert, PARC-Projekte und -Aktivitäten werden im Hinblick auf ihre Priorität aus regulatorischer Sicht bewertet, und es werden Empfehlungen für ihre Aufnahme in das PARC-Forschungsprogramm formuliert. Task 2.1 entwickelt außerdem einen Schnellreaktionsmechanismus, der es nationalen und europäischen politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, auch außerhalb der formalen Zeitrahmen Anfragen nach spezifischen Informationen an das PARC-Konsortium zu stellen.

  • Task 2.2 "Wissensmanagement und Umsetzung in Politik" entwickelt und verwaltet zwei Aktivitäten: PARCopedia (Wissensmanagement) und PARCroute (Umsetzung in Politik). Mit  PARCopedia wird eine Online-Wissensdatenbank und Social-Media-Plattform zur Verfügung gestellt, die den Wissensaustausch und die Interaktion innerhalb der mit der Risikobewertung von Chemikalien befassten Community erleichtern soll, die sich aus Mitgliedern mit unterschiedlichem Hintergrund wie Forschung, Risikobewertung, Risikomanagement und Politikgestaltung zusammensetzt.
    PARCroute befasst sich mit der Ausarbeitung strategischer Roadmaps, die einen konkreten Weg zur politischen Umsetzung wissenschaftlicher Innovationen der Risikobewertung von Chemikalien vorschlagen und so deren Übernahme in die Regulierungspraxis ermöglichen.

Neben diesen Aktivitäten koordiniert Task 2.2 auch die Ernennung und das Management der so genannten Chemical/Methodology Leaders (CL/ML), die dafür verantwortlich sind, die Arbeit an "ihren" Chemikalien/Methoden (sowohl innerhalb als auch außerhalb von PARC) im Auge zu behalten und dieses Wissen zu nutzen, um die zugehörigen PARC-Aktivitäten zu unterstützen, z. B. indem sie auf mögliche Synergien hinweisen.

  • Task 2.3 "Zukunftsfähigkeit" koordiniert die PARC National Hubs, um deren Beiträge zu bestehenden Wissenslücken und Fachwissen sowie Vorschläge für Programme zum Kapazitätsaufbau zu sammeln. Task 2.3 ist außerdem dafür verantwortlich, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, um die Kooperationen und Interaktionen innerhalb der Partnerschaft auch langfristig aufrechtzuerhalten.

Das BfR ist innerhalb von WP2 an den Tasks 2.1 und 2.3 beteiligt und koordiniert außerdem Task 2.2 gemeinsam mit der portugiesischen Partnerbehörde INSA (Instituto Nacional de Saúde Dr. Ricardo Jorge). Das BfR ist dabei hauptsächlich für die Koordinierung und Entwicklung von PARCopedia und PARCroute verantwortlich, während INSA die CLs/MLs koordiniert.

Über PARCopedia

PARCopedia bietet eine Wissensmanagementplattform und einen Gemeinschaftsraum für alle professionell mit der Risikobewertung von Chemikalien Befassten, mit ihren diversen fachlichen Hintergründen und Kenntnissen, sowohl innerhalb als auch außerhalb von PARC.

Ab November 2023 werden PARCopedia-Nutzerinnen und -Nutzer Zugang zu einer wikiähnlichen Wissensdatenbank haben, die alle Aspekte der chemischen Risikobewertung mit einem besonderen Schwerpunkt auf neuen Prüf- und Bewertungsmethoden abdeckt. Dieser Bereich wird außerdem über laufende Aktivitäten auf diesem Gebiet informieren, sowohl innerhalb als auch außerhalb von PARC.

Darüber hinaus bietet PARCopedia einen Social-Media-ähnlichen Communitybereich mit Profilen, Beiträgen und Diskussionsforen, in dem Nutzerinnen und Nutzer mit einer lebendigen Gemeinschaft interagieren können, um ihre Arbeit und ihr Fachwissen vorzustellen, Standpunkte auszutauschen, Neues auf diesem Gebiet zu kommentieren und so die chemische Risikobewertung von morgen mitzugestalten.

Über PARCroute

PARCroute ist die Aktivität innerhalb von PARC, die strategische Roadmaps entwickelt, um die Übernahme innovativer Risikobewertungsmethoden, die in PARC (und anderswo) entwickelt wurden, in die regulatorische Praxis zu fördern. Der erste von PARCroute entwickelte Vorschlag ist "NGRAroute", ein Strategieplan zur Einführung eines tierversuchsfreien Rahmenwerks für das „Next-Generation Risk Assessment“ (NGRA) als Startpunkt der Risikobewertung in allen wichtigen europäischen Rechtsvorschriften für Chemikalien.

Das BfR im Arbeitspaket 5 „Hazard Assessment“ (dt. „Gefährungsbeurteilung“)

Das übergeordnete Ziel von WP5 ist die Gefahrenabschätzung unzureichend charakterisierter Kontaminanten und neuer Chemikalien für die Gesundheit von Mensch und Umwelt bei gleichzeitiger Förderung der Anwendung innovativer Methoden. Das Arbeitspaket verfolgt drei spezifische Ziele:

a) die Schließung von Datenlücken, die von relevanten Interessengruppen als wichtig eingestuft wurden (Task 5.1),

b) die Verbesserung der derzeitigen Gefahrencharakterisierung durch die Entwicklung umfassender Teststrategien, um die Zugänglichkeit neuer und fortschrittlicher Prüfmethoden (sog. New Approach Methodologies oder NAMs) zu erleichtern und sie für die Risikobewertung nutzbar zu machen (Task 5.2),

c) durch die Analyse aller verfügbaren Daten und die Anwendung systemtoxikologischer Ansätze sowie die Berücksichtigung von AOPs und die Verbesserung von Modellierungsansätzen wie der PBPK-Modellierung zu einem verbesserten Verständnis der mechanistischen Grundlagen der Toxizität beitragen (Task 5.3).


Derzeit sind abteilungsübergreifend verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des BfR an den folgenden Projekten des WP5 „Hazard Assessment“ beteiligt:

Gefahrenidentifizierung und -charakterisierung der Enniatin-Mykotoxine und Alternaria-Toxine mit dem Ziel, Datenlücken zu schließen und die Risikobewertung für die menschliche Gesundheit zu verbessern. – Co-Leitung durch das BfR.

Für natürliche Toxine gibt es keine Hersteller oder Lieferanten, die für die Bereitstellung von Gefahrendaten verantwortlich sein könnten.?Aufgrund des Klimawandels wird die Exposition der Menschen gegenüber natürlichen Toxinen wahrscheinlich zunehmen, und die Regulierungsbehörden haben mehr Daten gefordert, um die Gefahren- und Risikobewertung zu verbessern.

Dieses Projekt wird sich zunächst auf zwei Klassen neu auftretender Mykotoxine konzentrieren, die Enniatine und Alternaria-Toxine, bei denen ein dringender regulatorischer Bedarf an spezifischeren Gefährdungsdaten besteht.?
 

Nicht-genotoxische Karzinogene (NGTxCs) – Co-Leitung durch das BfR.

Um sowohl die Exposition gegenüber schädlichen Chemikalien als auch das damit verbundene Risiko, an Krebs zu erkranken, verringern zu können, ist es wichtig zu verstehen, welche Stoffe wie Krebs verursachen können. Einige Chemikalien wirken direkt auf unsere DNA oder stören Systeme, die unsere Gene schützen sollen, was jeweils zu Mutationen und chromosomalen Veränderungen führen kann. Andererseits gibt es Stoffe, die über verschiedene Mechanismen Krebs verursachen können, ohne dabei unsere Gene zu schädigen. Solche Substanzen werden als nicht-genotoxische Karzinogene bezeichnet.

Im Rahmen dieses Projekts werden dafür verschiedene Organ- und Zellmodellsysteme (einschließlich Leber-, Brust-, Dickdarm- und Fettzellen) mithilfe innovativer, für Menschen relevanter Methoden (sog. NAMs) untersucht. Außerdem werden computergestützte Techniken zur Identifizierung nicht-genotoxischer Karzinogene weiterentwickelt, um auch damit in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitspaketen in PARC ein System zur Bewertung dieser Stoffe zu schaffen. Auf diese Weise hoffen wir, das Krebsrisiko, das von verschiedenen Arten von Chemikalien ausgeht, besser verstehen und minimieren zu können.
 

Metabolische endokrine Störungen – Co-Leitung durch das BfR.

Obwohl "den Metabolismus störende Chemikalien" (engl. „metabolism disrupting chemicals" (MDC)) im Verdacht stehen, eine wichtige Rolle bei weltweit auftretenden Stoffwechselerkrankungen zu spielen, gibt es derzeit keine spezifischen Tests, die es erlauben, ihre schädlichen Auswirkungen zuverlässig nachzuweisen.

Im Rahmen dieses Projektes sollen mithilfe spezieller Zelllinien die Auswirkungen stoffwechselbeeinträchtigender Chemikalien auf Kernrezeptoren untersucht werden. Dies soll helfen, die Auswirkungen und Wirkweisen der Chemikalien auf den Körper, sog. „Modes of Action“ (MoA), besser zu verstehen und sog. „Adverse Outcome Pathways“ (AOP) ableiten zu können. Außerdem sollen fortschrittliche Methoden (NAMs) angewendet werden, in denen kombinierte Leber- und Nicht-Leber-Zellsysteme die Kommunikation zwischen verschiedenen Geweben abbilden. Dadurch kann beurteilt werden, wie den Metabolismus störende Chemikalien zu Fettleibigkeit und anderen metabolischen Erkrankungen führen können. Durch die Kombination von humanen und nicht-humanen Zellmodellen und die Entwicklung präziser NAMs können die Risiken und Auswirkungen stoffwechselbeeinflussender Chemikalien besser verstanden und angegangen werden.
 

Endokrine Disruptoren - Störung des Schilddrüsenhormonsystems

Derzeitig angewendet Methoden zur Identifizierung von Chemikalien, die das Schilddrüsenhormonsystem stören können, halten nicht den Anforderungen für die regulatorische Risikobewertung stand. Demnach werden neue und verbesserte Methoden (NAMs) benötigt, um störende Auswirkungen von Chemikalien auf das Schilddrüsenhormonsystem zuverlässig nachweisen zu können. Solche NAMs können dazu beitragen, eindeutige Zusammenhänge zwischen den auslösenden molekularen Ereignissen und nachteiligen Folgen, wie beispielsweise einer gestörten Hirnentwicklung, herzustellen.

Das Hauptziel dieses Projekts besteht darin, diese Lücke durch ein tieferes mechanistisches Verständnis der Störfaktoren des Schilddrüsenhormonsystems zu schließen. Dieses Verständnis soll helfen, gezielt geeignete NAMs zu entwickeln, um solche Störungen nachzuweisen. Zudem zielt das Projekt darauf ab, speziesspezifische Unterschiede in der Auswirkung von Störfaktoren auf das Schilddrüsenhormonsystem zu identifizieren. Dazu werden gezielt Studien mit Nagern durchgeführt, computergestützte (in silico) Assays und human-basierte Zellsysteme angewendet und Zebrafische als Modellorganismen eingesetzt.
 

BfR-Publikationen in PARC:

A walk in the PARC: developing and implementing 21st century chemical risk assessment in Europe
https://link.springer.com/article/10.1007/s00204-022-03435-7

Metabolism-Disrupting Chemicals Affecting the Liver: Screening, Testing, and Molecular Pathway Identification
https://www.mdpi.com/1422-0067/24/3/2686

Innovative tools and methods for toxicity testing within PARC work package 5 on Hazard Assessment
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/ftox.2023.1216369/abstract 

Development of new approach methods for the identification and characterization of endocrine metabolic disruptors—a PARC project
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/ftox.2023.1212509/full

New approach methods to improve human health risk assessment of thyroid hormone system disruption–a PARC project
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/ftox.2023.1189303/full

New approach methodologies to facilitate and improve the hazard assessment of non-genotoxic carcinogens—a PARC project
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/ftox.2023.1220998/full

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