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Kategorie Fragen und Antworten

Akute Lebensmittelvergiftungen: Was sind mögliche Ursachen, und wie lassen sie sich vermeiden?

Darum geht es:

Eine Lebensmittelvergiftung ist eine lebensmittelbedingte Erkrankung des Menschen, die durch die orale Aufnahme bereits im Lebensmittel vorhandener Giftstoffe (Toxine) ausgelöst wird. Akute Lebensmittelvergiftungen treten kurz nach dem Verzehr ursächlicher Lebensmittel auf und können verschiedene Symptome auslösen, darunter gastrointestinale (den Magen-Darm-Trakt betreffend) und neurologische Symptome. Abhängig vom Toxin können die akuten Vergiftungen schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen und im Einzelfall tödlich enden. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch chronische Lebensmittelvergiftungen ergeben sich aus einer langfristigen ExpositionExpositionZum Glossareintrag gegenüber zumeist geringen Mengen an Toxinen. Lebensmittelvergiftungen sind zu unterscheiden von Lebensmittelinfektionen durch Aufnahme von intakten Krankheitserregern, beispielsweise Salmonellen oder Noroviren.

In Deutschland existieren keine belastbaren Zahlen über die Häufigkeit von akuten Lebensmittelvergiftungen. Bestimmte Lebensmittelvergiftungen führen jedoch regelmäßig zu Anfragen bei Giftinformationszentren. Diese Daten werden ab dem Jahr 2026 in einem nationalen Vergiftungsregister im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) zusammengeführt und in Form von Jahresberichten veröffentlicht. Nicht immer lässt sich am Aussehen, Geruch oder Geschmack erkennen, ob Lebensmittel gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Sie nachzuweisen, gelingt nur durch aufwändige analytische Verfahren im Labor. Deshalb ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig, Ursachen von Lebensmittelvergiftungen und mögliche Präventionsmaßnahmen zu kennen.

Fragen und Antworten zu Lebensmittelvergiftungen

Lebensmittelvergiftungen können auftreten, wenn sich bestimmte Bakterien oder Schimmelpilze im Lebensmittel vermehren, die Toxine bilden. Informationen zu gesundheitlichen Risiken durch Schimmelpilze in Lebensmitteln finden sich in den Externer Link:FAQ des BfR vom 25. Juni 2024.

Zudem ist es möglich, dass Fische und Muscheln marine Biotoxine (auch Algentoxine genannt) enthalten, die Lebensmittelvergiftungen auslösen. Vergiftungen können aber auch durch natürlicherweise in Pflanzen und Pilzen vorkommende Toxine verursacht werden.

Von Bakterien verursachte Lebensmittelvergiftungen zeigen typischerweise einen akuten Krankheitsverlauf. Die bekannteste bakterielle Lebensmittelvergiftung ist der Botulismus, der durch „Botulinum-Neurotoxine“ ausgelöst wird. Botulinum-Neurotoxine werden von Bakterien der Spezies Clostridium botulinum gebildet. Sie können Übelkeit, Durchfall und Verstopfung sowie neurologische Symptome mit Lähmungen bis hin zur Atemlähmung verursachen. Todesfälle sind möglich. Weitere Informationen finden sich in den Externer Link:FAQ des BfR zu Botulismus vom 15. Juni 2023.

Staphylococcus aureus kann in Lebensmitteln extrem hitzestabile Enterotoxine bilden, deren Aufnahme bereits nach kurzer Zeit (30 Minuten bis 8 Stunden) zu Übelkeit, Erbrechen, Bauchkrämpfen, Durchfall und Kreislaufsymptomen führt, sodass Betroffene manchmal im Krankenhaus behandelt werden müssen. Außerdem sind einige Bacillus cereus-Stämme in der Lage, in Lebensmitteln ein hitzestabiles Toxin (Cereulid) zu bilden, das schon kurz nach Aufnahme (30 Minuten bis 6 Stunden) Übelkeit und Erbrechen auslöst. Die Beschwerden klingen in der Regel innerhalb weniger Tage von selbst wieder ab. Sehr selten kommt es zu schweren Krankheitsverläufen durch Leber- und Hirnschäden. Weitere Informationen finden sich in den Externer Link:BfR-Verbrauchertipps „Schutz vor lebensmittelbedingten Erkrankungen durch bakterielle Toxine“.

Darüber hinaus können bei der Vermehrung bestimmter Bakterien in eiweißhaltigen Lebensmitteln biogene Amine (z. B. Histamin, Cadaverin, Putrescin) entstehen, die hitzestabil sind und zu Unverträglichkeiten führen können. Histamin kann bei höheren Dosen vergiftungsähnliche Symptome auslösen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Gesichtsrötung, Magen-Darm-Beschwerden oder Blutdruckabfall bis hin zu Schockzuständen.

Den meisten Lebensmitteln sieht man nicht an, ob sie Keime, Sporen oder Toxine von Clostridium botulinum enthalten. Die Sporen können erst bei Temperaturen von über 100 °Ckurz fürGrad Celsius inaktiviert werden. Hierzu wurde bei der kommerziellen Konservenherstellung die sogenannte Botulinum-Kochung von 121 °Ckurz fürGrad Celsius für 3 Minuten entwickelt. Auch werer Lebensmittel, die wenig Säure enthalten, wie z. B. Fleisch oder Gemüse (vor allem Bohnen), selbst einkocht, sollte diese zum Schutz vor Botulismus möglichst unter Druck auf 121 °Ckurz fürGrad Celsius erhitzen. Bei dem in deutschen Haushalten bisher üblichen „Einkochen“ (auch „Einwecken“ oder „Einmachen“ genannt) kann aus physikalischen Gründen die Erhitzungsgrenze von maximal 100 °Ckurz fürGrad Celsius (kochendes Wasser) nicht überschritten werden. Daher sollten die säurearmen Lebensmittel dann im Abstand von ein bis zwei Tagen insgesamt zweimal auf 100 °Ckurz fürGrad Celsius erhitzt werden. Zwischen den beiden Erhitzungsvorgängen sollte das Einweckgut am besten bei Raumtemperatur gelagert werden. Bei der ersten Erhitzung werden die vermehrungsfähigen Bakterien abgetötet, und die Sporen können auskeimen und sich zu vermehrungsfähigen Bakterien entwickeln. Diese können mit der zweiten Erhitzung abgetötet werden. Wer das Risiko noch weiter reduzieren möchte, kann das Einweckgut direkt vor dem Verzehr auf 100 °Ckurz fürGrad Celsius erhitzen, um möglicherweise vorhandene Botulinum-Neurotoxine zu inaktivieren. Aufgetriebene Konserven (so genannte „Bombagen“) sollten vorsorglich nicht geöffnet, sondern vernichtet werden.

Um Lebensmittelvergiftungen durch Toxine anderer Bakterien zu vermeiden, sollten leicht verderbliche Lebensmittel ausreichend gekühlt und erhitzte Speisen ausreichend heiß gehalten (mindestens 60 °Ckurz fürGrad Celsius an allen Stellen) oder schnell abgekühlt werden. Der Temperaturbereich, bei dem Bakterien wachsen bzw. Sporen auskeimen (7 bis 60 °Ckurz fürGrad Celsius), sollte vermieden bzw. durch schnelles Abkühlen so schnell wie möglich durchlaufen werden. 
Die Bildung von biogenen Aminen lässt sich unter anderem vermeiden, wenn eiweißhaltige Lebensmittel hygienisch behandelt, ausreichend gekühlt und nicht überlagert werden. 
Ein Kochen oder Braten der Lebensmittel ist nicht ausreichend, um hitzestabile bakterielle Toxine oder biogene Amine zu inaktivieren.

Mit Ausnahme des Botulismus enden bakterielle Lebensmittelvergiftungen in der Regel nach wenigen Tagen von selbst. Kommt es zu Durchfällen, ist Flüssigkeitsersatz die wichtigste Maßnahme. Bei länger andauerndem oder blutigem Durchfall, anhaltendem Erbrechen oder bei anderen gravierenderen Symptomen sollte eine Ärztin/ein Arzt konsultiert oder ein Krankenhaus aufgesucht werden. Das gilt vor allem für Säuglinge und Kleinkinder, für ältere Menschen, abwehrgeschwächte und solche, die sich gerade von einer Erkrankung erholen. Bei neurologischen Symptomen (z. B. Sehstörungen, Schluckbeschwerden, Lähmungen) und Verdacht auf Botulismus sollte schnellstmöglich eine Ärztin/ein Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht werden.

Zum Schutz der Bevölkerung in Europa sind in der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 (über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel) Grenzwerte für koagulasepositive Staphylokokken und Staphylokokken-Enterotoxine in Käse, Milch- und Molkepulver sowie für Histamin in bestimmten Fischereierzeugnissen festgelegt. Darüber hinaus finden sich in dieser Verordnung Grenzwerte für präsumtive Bacillus cereus in getrockneter Säuglingsanfangsnahrung und getrockneten diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke, die für Säuglinge unter 6 Monaten bestimmt sind. Präsumtive Bacillus cereus sind Bakterien aus der Bacillus cereus-Gruppe, die mehrere eng verwandte Bakterien-Spezies umfasst.

Am BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung beschäftigen sich Expertinnen und Experten mit wissenschaftlichen Fragestellungen zu Toxinen, die von Externer Link:Staphylokokken, Bacillus spp. (z. B. Externer Link:Bacillus cereus) und Externer Link:Clostridien gebildet werden. Hier befinden sich auch das Nationale Referenzlabor für koagulasepositive Staphylokokken einschließlich Staphylococcus aureus (Externer Link:NRL-Staph) und das Externer Link:Speziallabor für Sporenbildner. Zu den Aufgaben des NRL-Staph gehört unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Referenzlabor der europäischen Union (EURL) für koagulasepositive Staphylokokken einschließlich Staphylococcus aureus, die Beratung und Unterstützung von amtlichen Laboren der Länder sowie die Entwicklung und Validierung von Analyseverfahren.

Bestimmte Pflanzen können giftige Stoffe bilden. Aufgrund ihrer chemischen Struktur lassen sich die Pflanzentoxine verschiedenen Strukturklassen zuordnen. Die Fähigkeit zur Bildung von Toxinen findet sich in unterschiedlichen Pflanzenfamilien. Auch einige Pflanzen, die zur Herstellung von Lebensmitteln oder Futtermitteln verwendet werden, können toxische Substanzen bilden.

Ein Beispiel sind Glykoalkaloide (Solanin), die u. a. in grünen, keimenden oder beschädigten Kartoffeln vorkommen. Leichte Vergiftungen äußern sich durch Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall, mitunter begleitet von Fieber. Bei schweren Vergiftungsfällen können zusätzlich Bewusstseinsstörungen sowie weitere Störungen der Hirnfunktion, der Atmung oder des Kreislaufes auftreten. In älterer Literatur wurde vereinzelt über Todesfälle berichtet. Weitere Informationen zu Solanin in Kartoffeln finden sich in den Externer Link:FAQ des BfR vom 23. April 2018.

Ein weiteres Beispiel sind zyanogene Glykoside, die u. a. in bitteren Aprikosenkernen, Leinsamen und Maniok als natürliche Pflanzeninhaltsstoffe in vergleichsweise hohen Konzentrationen enthalten sind. Aus den zyanogenen Glykosiden wird durch das in den Pflanzen ebenfalls enthaltene Enzym ß-Glukosidase beim Verzehr Zyanid freigesetzt. Zyanide sind Salze der Blausäure. Symptome der akuten Vergiftung sind z. B. Krämpfe, Erbrechen und Atemnot bis zur – tödlichen – Atemlähmung. Die tödliche Dosis beim Menschen liegt bei etwa 0,5 - 3,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Weitere Informationen finden sich in der aktualisierten Stellungnahme des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung vom 7. April 2015 Externer Link:„Zwei bittere Aprikosenkerne pro Tag sind für Erwachsene das Limit – Kinder sollten darauf verzichten“ sowie in der Mitteilung des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung vom 3. März 2015 Externer Link:„Neue Daten aus BfR-Humanstudie: Kein Cyanid-Risiko bei Verzehr von Marzipan und Persipan“.

Andere Pflanzentoxine können als Kontaminanten in die Lebensmittelkette gelangen. Als Beispiel hierfür ist das Vorkommen von 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in (Kräuter-)Tees oder Gewürzen zu nennen. Die zur Herstellung von Lebensmitteln verwendeten Pflanzen enthalten in der Regel selbst keine PA. Sie gelangen in diese Lebensmittel, wenn eigentlich nicht für die Herstellung von Lebensmitteln geeignete toxinbildende Pflanzen oder Pflanzenteile von in den Kulturen wachsenden Wildkräutern als Verunreinigungen mitgeerntet werden. Bei den PA handelt es sich um eine große Gruppe von Naturstoffen, die vor allem von Pflanzen, aber auch von Pilzen und Bakterien gebildet werden. Bislang sind mehrere hundert PA und deren N-Oxide bekannt. Zu den in Deutschland heimischen PA-bildenden Pflanzen gehören zum Beispiel das Jakobskreuzkraut, das Gemeine Greiskraut oder der Natternkopf. Beim Menschen werden nach Aufnahme höherer Dosen 1,2‑ungesättigter PA immer wieder schwere, zum Teil tödlich verlaufende Intoxikationen beobachtet. In den letzten Jahrzehnten sind beispielsweise in Afghanistan mehrere tausend Fälle endemisch auftretender Vergiftungen dokumentiert worden. Ursächlich für die Vergiftungsfälle war der Verzehr von Getreide, das mit Pflanzenteilen von PA-bildenden Heliotropium-Arten kontaminiert war. In Asien werden Intoxikationen zudem mit dem Konsum bestimmter Kräuter in Verbindung gebracht, die im Rahmen der traditionellen chinesischen Medizin eingesetzt werden und entweder selbst 1,2‑ungesättigte PA enthalten oder aber mit PA-haltigen Wildkräutern verwechselt werden oder mit diesen kontaminiert sind. Akute Vergiftungen manifestieren sich beim Menschen insbesondere im Bereich der Leber in Form von Venenverschlusskrankheiten (Veno-okklusive Veränderungen (HSOS, hepatic sinusoidal obstruction syndrom; synonym: HVOD, hepatic veno-occlusive disease)). Akute Vergiftungen sind bei den in Deutschland und Europa nachgewiesenen PA-Gehalten in Lebensmitteln sehr unwahrscheinlich. Weitere Informationen zu PA in Lebensmitteln finden sich in den Externer Link:FAQ des BfR vom 16. Dezember 2022.

Weitere bekannte Pflanzentoxine sind Cannabinoide in der Hanfpflanze, Opiumalkaloide in Mohnsamen, Erucasäure in Kreuzblütlern wie Raps und Senf sowie Chinolizidinalkaloide in Lupinensamen. Auch Lektine in unzureichend erhitzten Hülsenfrüchten wie grünen Bohnen, Curcurbitacine in bitteren Zucchini und Kürbissen sowie Grayanotoxine in Honig (wenn Bienen den Nektar von Heidekrautgewächsen verarbeitet haben, z. B. Rhododendron-Honig aus den Regionen der türkischen Schwarzmeerküste) können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Weitere Informationen zu den genannten Pflanzentoxinen finden sich unter anderem in folgenden Veröffentlichungen des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung: Stellungnahme vom 23. Januar 2024 Externer Link:„Lektine in pflanzenbasierten Lebensmitteln: Gibt es ein gesundheitliches Risiko?“; Mitteilung vom 4. September 2015 Externer Link:„Vorsicht beim Verzehr von bitteren Zucchini“Externer Link:FAQ vom 3. Mai 2023 zu Grayanotoxinen in Honig.

Ab einem bestimmten Glykoalkaloidgehalt in der Kartoffel können Verbraucherinnen und Verbraucher beim Verzehr einen bitteren Geschmack und ein brennendes Gefühl im Mund wahrnehmen. Bei Wahrnehmung eines bitteren Geschmacks eines Kartoffelgerichts sollte weiterer Verzehr unterbleiben. Um die Aufnahme von Solanin zu verringern, sollten grüne Stellen und sogenannte Augen in Kartoffeln großzügig entfernt und der Verzehr von Kartoffelschalen vermieden werden. Insbesondere kleine Kinder sollten nur geschälte Kartoffeln essen. Frittierfett für Kartoffelprodukte sollte regelmäßig gewechselt werden. Kochwasser von Kartoffeln und Kartoffelgerichte mit bitterem Geschmack sollten vorsorglich entsorgt werden.

Bittere Aprikosenkerne sollten von Erwachsenen höchstens in kleinen Mengen (max. 2 Kerne pro Tag) verzehrt werden. Der Verzehr von Marzipan oder Persipan stellt hingegen kein Risiko für eine Blausäurevergiftung dar. Geschroteter Leinsamen sollte von Erwachsenen nur in Maßen verzehrt werden (maximal 15 g pro Mahlzeit). Da Kinder besonders empfindlich sind, sollten sie grundsätzlich keine Lebensmittel verzehren, die erhöhte Gehalte an zyanogenen Glykosiden enthalten.

Der in Teilen der Bevölkerung zu beobachtende Trend, wildwachsende Kräuter oder Pflanzen aus Parks, Wald und Flur zu sammeln und zu Salaten und Smoothies zu verarbeiten, kann mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein. So können Verwechslungen mit giftigen Pflanzen zu gefährlichen Lebensmittelvergiftungen führen. Wenn im Frühjahr die Bärlauch-Saison beginnt, sammeln viele Menschen das Lauchgemüse in Wäldern. Obwohl der knoblauchähnliche Geruch ein typisches Merkmal des Bärlauchs ist, wird die Pflanze häufig mit giftigen Doppelgängern wie Maiglöckchen oder Herbstzeitlose verwechselt. Solche Verwechslungen führen in jeder Saison zu Vergiftungsfällen mit zum Teil tödlichem Ausgang. Weitere bekannte „Doppelgänger-Paare“ sind Petersilie und der giftige Eisenhut; Wilde Möhre, Wiesenkerbel, Sellerie und der giftige Gefleckte Schierling; Heidelbeeren und giftige Tollkirschen.

Das Vorkommen von Pflanzentoxinen in Lebens- und Futtermitteln lässt sich nicht vollständig verhindern. Ziel des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist es daher, die Exposition von Menschen und Tieren zum Beispiel durch Festlegung von Höchstgehalten in Lebens- und Futtermitteln so niedrig wie möglich zu halten.

EU-weit gelten die in der Verordnung (EU) Nr. 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln festgelegten Höchstgehalte.

Weitere Informationen finden sich auf der Externer Link:Webseite des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung.

In den Weltmeeren existieren etwa 5.000 verschiedene Algenarten, von denen manche in der Lage sind, giftige Stoffe – sogenannte marine Biotoxine – zu produzieren. Diese Toxine können sich im Gewebe von Muscheln und Fischen, die sich von solchen Algen ernähren, einlagern und anreichern. Einige marine Biotoxine sind hitzestabil und können beim Menschen nach dem Verzehr kontaminierter Muscheln oder Fische verschiedene Krankheiten hervorrufen.

Der Verzehr von mit marinen Biotoxinen kontaminierten Meeresfrüchten kann neben gastrointestinalen Symptomen (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Bauchkrämpfen) zu weiteren toxingruppenspezifischen Symptomen führen. Drei Gruppen von marinen Biotoxinen sind für Menschen, die Muscheln aus dem Europäischen Raum verzehren, von Bedeutung: Die Toxine der Paralytic Shellfish Poisoning (PSP)-Gruppe können zusätzlich neurologische Symptome, wie leichtes Kribbeln in den Lippen oder Taubheit in Armen oder Beinen, hervorrufen. In sehr seltenen Fällen kann es zu einer tödlichen Atemlähmung kommen. Eine Amnesic Shellfish Poisoning (ASP)-Vergiftung kann auch zu Verwirrtheit, Orientierungslosigkeit, Gedächtnisverlust und epileptischen Anfällen oder Koma führen. Bei der Diarrhetic Shellfish Poisoning (DSP)-Gruppe stehen gastrointestinale Symptome sowie Schüttelfrost, Kopfschmerzen und Fieber im Vordergrund. Die Symptome können sehr schnell innerhalb weniger Minuten bis zu zwei Tagen nach dem Verzehr der kontaminierten Muscheln auftreten.

Ciguatoxine werden von sogenannten Dinoflagellaten der Gattungen Gambierdiscus und Fukuyoa gebildet, die zum Phytoplankton zählen und somit eine Nahrungsquelle für pflanzenfressende Seefische und wasserfiltrierende Meerestiere sind. Sie treten zwar überwiegend in warmen marinen Gewässern in den Tropen und Subtropen auf, kommen aber zunehmend auch im Mittelmeerraum vor. Ca. 200 Fischarten, v. a. küstennah lebende Raubfische wie Barrakuda, Makrelen, Snapper und Zackenbarsche, können Ciguatoxine beinhalten. Das von Ciguatoxinen ausgelöste Krankheitsbild wird als Ciguatera bezeichnet. Die Erkrankung geht mit einer großen Vielfalt klinischer Symptome einher, die innerhalb von wenigen Minuten bis 48 Stunden nach einer Fischmahlzeit oder dem Verzehr von Meeresfrüchten auftreten können. Spezifisch für Ciguatera sind ein umgekehrtes Heiß-Kalt-Empfinden oder Schmerzen bei Kontakt mit kaltem Leitungswasser und Gegenständen als Folge einer gestörten Reizweiterleitung in Nervenzellen. Zusätzlich können gastrointestinale (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, krampfartige Bauchschmerzen), neurologische (z. B. Muskel- und Gelenkschmerzen, Juckreiz), respiratorische (die Atmung betreffend) und kardiovaskuläre Symptome (z. B. Blutdruckabfall, sehr selten Herzrhythmusstörungen) hinzukommen. Einige Symptome können mehrere Monate oder Jahre anhalten. Bei Aufnahme von bestimmten Lebens- und Genussmitteln (z. B. Alkohol, Koffein) sowie durch andere äußere Einflüsse (z. B. Hitze, körperliche Aktivität) können abgeklungene Symptome erneut auftreten. Bei wiederholter Aufnahme von Ciguatoxinen kann die Intensität der Symptome zunehmen.

Weitere Informationen zu Vergiftungen durch Ciguatoxine aus Seefisch und Meeresfrüchten finden sich in den Externer Link:FAQ des BfR vom 16. Mai 2022.

Wer sich vor einer Vergiftung durch marine Biotoxine schützen möchte, verringert durch den Verzehr kleinerer Portionen das gesundheitliche Risiko. Früher galt die Regel, Muscheln nur in Monaten mit einem „R“ (Wintermonate) zu essen. Der Ursprung der Regel lag darin, dass Muscheln, die im Sommer geerntet wurden, ein höheres Risiko aufwiesen, marine Biotoxine anzureichern, die gesundheitliche Probleme verursachen können. Heute ist diese Regel weniger relevant, da Muscheln weltweit gehandelt, ganzjährig geerntet, prozessiert und vertrieben werden. Sie kann aber für in Deutschland geerntete frische Muscheln weiterhin angewandt werden. Wichtig bleibt: Kaufen Sie Muscheln von vertrauenswürdigen Anbietern.

Wer den Verzehr großer Raubfische (> 2,5 kgkurz fürKilogramm) aus tropischen und subtropischen Fangregionen meidet, reduziert sein Ciguatera-Risiko. Aufgrund des hohen Fettgehaltes können in Fischleber, Fischrogen oder Fischköpfen besonders hohe Ciguatoxin-Gehalte vorkommen. Bei Fischen aus kälteren Gewässern wie dem Nordatlantik oder dem Nordpazifik ist eine Ciguatoxin-Belastung unwahrscheinlich.

Während eine ausreichende Erhitzung der Muscheln vor dem Verzehr vor Lebensmittelinfektionen durch Viren oder Bakterien (z. B. Vibrionen) schützen kann, ist das Kochen oder Braten der Lebensmittel nicht ausreichend, um die hitzestabilen marinen Biotoxine zu zerstören.

Weitere Informationen über Vibrionen in Lebensmitteln sind einer Externer Link:Stellungnahme des BfR vom 13. April 2022 zu entnehmen. Außerdem hat das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung Externer Link:Empfehlungen zum Schutz vor Viruserkrankungen nach dem Muschelverzehr veröffentlicht.

Zum Schutz der Bevölkerung hat die Europäische Kommission in den Verordnungen (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 786/2013 Höchstgehalte für unterschiedliche Gruppen mariner Biotoxine festgelegt. In der jeweils gültigen Version der Verordnung (EG) Nr. 2074/2005 ist geregelt, welche Testmethoden zum Nachweis der marinen Biotoxine verwendet werden dürfen.

Das Vorkommen von Ciguatoxinen in Fischereierzeugnissen und marinen Biotoxinen in Muscheln ist in der Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 (Anhang VI, Kapitel 1 G 3.) sowie in der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 (Abschnitt VIII, Kapitel 5 E 2.) geregelt.

Das Nationale Referenzlabor für die Überwachung mariner Biotoxine gehört zum BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung. Zu den Aufgaben des NRL gehört unter anderem die Zusammenarbeit mit dem Referenzlabor der europäischen Union (EURL) für die Überwachung mariner Biotoxine, die Beratung und Unterstützung von amtlichen Laboren der Länder sowie die Entwicklung, Validierung, Harmonisierung und Standardisierung von Analyseverfahren.

In Deutschland kommt es jedes Jahr vor allem im Spätsommer und Herbst aufgrund von Verwechslungen zu akuten Vergiftungsfällen durch den Verzehr selbst gesammelter giftiger Pilze, einer sogenannten „echten Pilzvergiftung“. Die Symptome bei Pilzvergiftungen sind zu Beginn häufig unspezifisch (z. B. Magenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen) und nicht von bakteriellen Lebensmittelvergiftungen oder Unverträglichkeiten zu unterscheiden. Der Grüne Knollenblätterpilz ist der giftigste Pilz in Deutschland: Bereits ein Bruchteil einer üblichen Portion einer Pilzmahlzeit kann für Erwachsene und Kinder zum Tod führen.

Weitere Informationen finden sich in der BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Broschüre Externer Link:„Verbraucherinfo: Risiko Pilze – Einschätzung und Hinweise“.

  • Zum Schutz vor Pilzvergiftungen sollten Sie grundsätzlich nur Pilze sammeln und zubereiten, die Sie sicher als Speisepilz erkennen. Pilz-Apps können die Erkennung zwar unterstützen, man sollte sich jedoch keinesfalls allein auf die Identifizierung per App verlassen. Fragen Sie immer eine Pilzberatung, wenn Sie sich unsicher sind, ob es sich um giftige oder genießbare Pilze handelt. In vielen Städten und Regionen gibt es Beratungsstellen oder Personen mit umfassenden und nachgewiesenen Kenntnissen in der Pilzbestimmung.
  • Es sollten nur frische Pilze zubereitet werden.
  • Um Unverträglichkeiten zu vermeiden, sollte jede Pilzmahlzeit mindestens 15 Minuten garen.
  • Reste von Pilzgerichten sollten entsorgt oder schnell abgekühlt werden. Sie können nach kurzzeitiger Aufbewahrung im Kühlschrank und vollständiger Erhitzung auf mindestens 70 °Ckurz fürGrad Celsius für zwei Minuten anschließend verzehrt werden.

Tritt nach einer Pilzmahlzeit Unwohlsein auf, sollte möglichst schnell ärztlicher Rat eingeholt oder ein Giftinformationszentrum befragt werden. Wichtige Informationen sind in diesem Fall Beginn, Art und Reihenfolge der Symptome, welche Pilze und wie viele davon verzehrt wurden, woher sie stammten (gekauft oder selbst gesammelt), wie sie zubereitet wurden, wann sie verzehrt wurden sowie Angaben zu den betroffenen Personen (Alter, Gewicht, Medikamenteneinnahme, Allergien oder andere Grunderkrankungen). Auch ob im zeitlichen Zusammenhang mit der Pilzmahlzeit Alkohol konsumiert wurde, ist eine wichtige Information für das Giftinformationszentrum, da manche Pilze in Kombination mit Alkohol gesundheitsschädliche Effekte hervorrufen können.

Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung sollte niemals eine Therapie ohne ärztliche Anweisung erfolgen: Selbst vermeintlich harmlose Maßnahmen wie das Auslösen von Erbrechen können ernsthafte gesundheitliche Folgen haben, wenn beispielsweise Erbrochenes in die tiefen Atemwege gerät. Milch kann die Aufnahme von Gift begünstigen. Kommt es zu einer Vergiftung, so liefern oft Pilzreste vom Putzen der Pilze oder von der Mahlzeit – unter Umständen auch Erbrochenes – wertvolle Hinweise zur Pilzbestimmung (inklusive Sporenanalyse). Informationen zu Pilzsachverständigen, die im Vergiftungsfall oder Verdachtsfall bei der Pilzidentifizierung unterstützen, sind auf der Externer Link:Website der Deutschen Gesellschaft für Mykologie zu finden. Auch die Giftinformationszentren der Länder vermitteln entsprechende Kontakte.

Beim Verdacht einer Lebensmittelvergiftung kontaktieren Sie eines der sieben deutschen Externer Link:Giftinformationszentren. Im Gespräch kann abgeklärt werden, ob ein Arztbesuch nötig ist.

Besteht der Verdacht, dass eine größere Personenzahl von der Lebensmittelvergiftung betroffen sein könnte (beispielsweise nach einer Mahlzeit in einem Restaurant, in einer Einrichtung zur Gemeinschaftsverpflegung oder bei einer größeren privaten Feier), ist das Externer Link:zuständige Gesundheitsamt zu informieren.

Weitere Informationen zu pflanzlichen Toxinen und Vergiftungen allgemein finden sich auch in der Externer Link:BfR-App „Vergiftungsunfälle bei Kindern“.

Die sieben deutschen Giftinformationszentren beraten und dokumentieren alle Anfragen zu Vergiftungen und Verdachtsfällen von Vergiftungen, darunter auch Anfragen zu Lebensmittelvergiftungen. Im „Deutschen Vergiftungsregister“ am BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung werden diese Daten ab dem Jahr 2026 zusammengeführt und die Ergebnisse in Form von Jahresberichten zusammengefasst. Schon jetzt erhält das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung Mitteilungen zu Vergiftungen, die von Ärztinnen und Ärzten, Unfallversicherungen und anderen Quellen übermittelt werden. Eine weitere Datenquelle stellt beispielsweise die Gesundheitsberichterstattung des Bundes dar, in der unter anderem Daten zu bestimmten Lebensmittelvergiftungen mit stationärer Behandlung oder Todesfolge Externer Link:abrufbar sind

Daten zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen, die durch bakterielle Toxine in Lebensmitteln verursacht wurden, werden von den örtlichen Gesundheits- und Lebensmittelüberwachungsbehörden erfasst und parallel gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) bzw. über das bundesweite Erfassungssystem für Lebensmittel, die an Krankheitsausbrüchen beteiligt sind (Externer Link:BELA), an das Robert Koch-Institut (RKI) bzw. an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) übermittelt. Die übermittelten Daten werden auf der Bundesebene zusammengeführt, gemeinsam durch das RKI und das BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bewertet und vom BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)) gemeldet. Auf Basis der Meldedaten aus den EU-Mitgliedstaaten erstellt die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) jährlich einen Bericht zu lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen in Europa, der in den „European Union One Health Zoonoses Report“ integriert wird.