Sie sind eine raffinierte Waffe der Natur. Mit Pyrrolizidinalkaloiden (PA) halten Pflanzen sich Fraßfeinde vom Leib. Das Problem: Diese sekundären Pflanzenstoffe können die menschliche Leber schädigen und wirken im Tierversuch erbgutverändernd und krebsauslösend. Über PA-bildende Wildkräuter auf den Anbauflächen von Kulturpflanzen können sie in die Lebensmittelkette gelangen. Ein weiteres Problem sind Nahrungsergänzungsmittel aus Pflanzen wie Borretsch, Huflattich oder Wasserdost - allesamt PA-Bildner. „Die dem Bundesinstitut für Risikobewertung zur Verfügung stehenden Daten zeigen, dass Nahrungsergänzungsmittel, die PA-bildende Pflanzen oder Pflanzenteile enthalten, erheblich zur Aufnahme von Pyrrolizidinalkaloiden beitragen“, sagt Professor Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). „In einigen Nahrungsergänzungsmitteln ist der Gehalt sogar so hoch, dass bereits nach kurzfristigem Verzehr toxische Wirkungen möglich sind.“
Stellungnahme Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln
Auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)) im Rahmen der Auswertung toxikologischer Daten hat das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung seine Risikobewertung zu PA in Lebensmitteln aktualisiert. Es berücksichtigte dabei die Aufnahme von PA aus allen wichtigen Lebensmittelgruppen. Als besondere Quelle fielen erneut Nahrungsergänzungsmittel (NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel) mit Bestandteilen von PA-bildenden Pflanzen auf. Sie hatten den höchsten PA-Gehalt.
Der maximal gemessene Wert wurde in einer Kapsel eines NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel festgestellt, das Wasserdost (Eupatorium cannabinum) als Inhaltsstoff enthielt. Wasserdost gehört zu den Korbblütlern und ist eine PA-bildende Pflanze. Weitere Beispiele für PA-bildende Pflanzen in NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel sind Huflattich, Beinwell, Borretsch, Lungenkraut, Steinsamen und Pestwurz. Auch Johanniskraut-haltige Präparate waren in fast jeder untersuchten Probe mit PA belastet. Da Johanniskraut nicht als PA-bildende Pflanze bekannt ist, stammen die gemessenen PA in diesen Fällen vermutlich aus einer Verunreinigung mit anderen Wildkräutern.
In mehr als der Hälfte der untersuchten NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel-Proben wurden PA gefunden. Die PA-Gehalte waren unterschiedlich hoch. Bei NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel mit hohem PA-Gehalt kann deren Aufnahme deutlich über der von Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs liegen und bei kurzfristigem wie längerem Konsum erheblich zur PA-Aufnahme beitragen. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung und die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) kommen daher übereinstimmend zu dem Schluss, dass das Auftreten akut-toxischer Wirkungen durch Konsum bestimmter NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel, die auf PA-bildenden Pflanzen basieren, möglich ist. Beim Konsum solcher NEMkurz fürNahrungsergänzungsmittel stehen einem nicht gesicherten gesundheitlichen Nutzen durch das Nahrungsergänzungsmittel zudem mögliche gesundheitliche Risiken im Hinblick auf genotoxisch-kanzerogene Wirkungen von PA gegenüber. Daher empfiehlt das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung, Nahrungsergänzungsmittel, die PA-haltige Pflanzen oder Pflanzenteile enthalten, nicht zu verwenden. In ölbasierten Extrakten von PA-bildenden Pflanzen wurden hingegen keine PA gefunden.
Mit Blick auf alle relevanten Lebensmittelgruppen empfiehlt das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung nach wie vor Maßnahmen zur Senkung der Konzentration dieses Pflanzeninhaltsstoffes in Lebensmitteln. Das gilt auch weiterhin. Zur Verringerung des gesundheitlichen Risikos empfiehlt das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung Verbraucherinnen und Verbrauchern grundsätzlich Abwechslung und Vielfalt bei der Auswahl der Lebensmittel.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMELkurz fürBundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung ist 15 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung eine Jubiläumsbroschüre herausgegeben, die unter Externer Link:www.bfr.bund.de/de/publikation/broschueren-660.html kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden kann.