Darum geht es:
Sie heißen Leo, Siri, Suri, Käthe, Hilde und Barni und arbeiten seit Kurzem für das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung). Die Hunde sollen dabei helfen, Futtermittel sicherer zu machen. Dazu lernen sie, Verunreinigungen von Heu mit Frühlings-Greiskraut zu erschnüffeln.
Greiskrautgewächse bilden natürlicherweise Pyrrolizidinalkaloide (PA) – sekundäre Pflanzenstoffe, von denen einige die Leber schädigen und Krebs verursachen können. Gelangen die Pflanzen bei der Mahd in Heu oder Silage, können sie insbesondere bei Rindern und Pferden mitunter tödliche Vergiftungen auslösen. In geringen Mengen können die Giftstoffe auch in tierische Lebensmittel übergehen und den menschlichen Körper erreichen.
Erste Ergebnisse des Forschungsprojekts zeigen, dass die Hunde in der Lage sind, das Frühlings-Greiskraut anhand seines Geruchs zuverlässig von anderen Pflanzen zu unterscheiden. Zudem können sie Heuproben aufspüren, die das Greiskraut in nur geringen Mengen enthalten. In einem nächsten Schritt sollen die Hunde die Verunreinigungen unter realen Bedingungen in gepressten Heuballen identifizieren.
Perspektivisch könnten speziell geschulte Hunde etwa Pferdehalterinnen und ‑haltern helfen, Futterheu auf Verunreinigungen zu prüfen sowie entsprechende risikoorientierte Probenahmen ermöglichen.
Greiskräuter sind eine artenreiche Pflanzengruppe, deren Vertreter weltweit zu finden sind. Geht es um die mögliche Verunreinigung von Futtermitteln, sind hierzulande vor allem das Frühlings-Greiskraut und das Jakobs-Greiskraut (auch: Frühlings- bzw. Jakobs-Kreuzkraut) von Bedeutung. Als Abwehrmittel gegen Fraßfeinde bilden beide Vertreter PA – und zwar mit Erfolg: Pferde oder Rinder machen beim Grasen auf der Weide in der Regel einen Bogen um die bitter schmeckenden Pflanzen. Gelangen sie jedoch in Futterheu, nehmen die Tiere die Pflanzen samt den darin steckenden unerwünschten Stoffen auf. Diese können dann schon in vergleichsweise geringer Menge Leberschäden verursachen und bei Aufnahme größerer Mengen schlimmstenfalls zum Tod der Tiere führen. Bisher fehlen einfache Methoden, entsprechende Verunreinigungen im Heu zuverlässig zu erkennen.
An dieser Stelle kommen die tierischen Forschungsassistenten ins Spiel: Die 4 Labradore und 2 Australian Shepherds, die mit ihren Halterinnen normalerweise in der Freizeit als Spürhunde im Einsatz sind, sollten in eigens konzipierten Experimenten unter Beweis stellen, dass sie die unerwünschten Pflanzen erkennen können, konkret das Frühlings-Greiskraut (Senecio vernalis). Das Team um Dr. Carola Fischer-Tenhagen trainierte die Hunde zunächst auf den pflanzentypischen Geruch. In einer ersten Versuchsreihe versteckte die Versuchsleiterin dann eine Greiskraut-Probe unter insgesamt 12 Pflanzenproben, darunter etwa Löwenzahn, Ackersenf und Hahnenfuß. Der Versuch erfolgte doppelblind, also weder die Hundeführerin noch die Wissenschaftlerin, die den Versuch durchführte, wusste in welchem Behälter die positive Greiskraut-Probe enthalten war. Auf diese Weise wird verhindert, dass unbeabsichtigte Signale der Menschen die Hunde auf die richtige Fährte führen. Insgesamt beschnüffelten die Hunde 419 Proben. Das Ergebnis: In allen Tests fanden die Hunde die Proben mit dem Frühlings-Greiskraut (Sensitivität: 100 Prozent). Es gab nur sehr wenig Falsch-Positive-Funde, das heißt, die Hunde identifizieren andere Pflanzen in den meisten Fällen nicht fälschlicherweise als Greiskraut (Spezifität: 88 Prozent).
In einer zweiten Versuchsreihe wurden 3 Gramm des Frühlings-Greiskrauts in einem Eimer unter 400 Gramm Heu gemengt und die Hunde anschließend erneut auf Suche geschickt. Insgesamt arbeiteten die 6 Hunde 402 Proben ab und erzielten auch in diesem Experiment eine sehr hohe Trefferquote: die Sensitivität lag bei 97 Prozent, die Spezifität bei 98 Prozent. Mit der letzten Versuchsphase, die voraussichtlich Anfang kommenden Jahres stattfinden soll, kommt der Praxistest für die Hunde. Sie müssen dann geringe Mengen des Frühlings-Greiskrauts in ganzen, gepressten Heuballen aufspüren.
Schwere Vergiftungen nach dem Verzehr PA-haltiger Pflanzen kommen bei Nutztieren immer wieder vor, nachgewiesen sind zum Beispiel Leberzirrhosen bei Schlachtrindern, die Alpenkreuzkraut über Heu und Silage aufgenommen hatten. Über Milch und andere tierische Lebensmittel können PA auch in den menschlichen Organismus gelangen. Derzeit liegen zwar keine Hinweise darauf vor, dass Lebensmittel tierischen Ursprungs Gehalte aufweisen, die ein gesundheitliches Risiko darstellen würden. Dennoch gilt bei genotoxisch-kanzerogenen Stoffen wie PA, dass ihr Gehalt in Lebensmitteln so niedrig wie technisch möglich sein soll.
Weitere Informationen auf der BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Website zu Pyrrolizidinalkaloiden
- Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln Zu den FAQ
- Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln Zur Stellungnahme