Darum geht es:
Laut einer Externer Link:Studie aus dem Jahr 2019 (Hernandez et al.) geben Teebeutel zahlreiche Mikroplastikpartikel ab. Demnach würden schon bei nur einem Teeaufguss mit einem Kunststoffbeutel bei einer Temperatur von 95 °Ckurz fürGrad Celsius rund 11,6 Milliarden Mikroplastikteilchen und 3,1 Milliarden Nanoplastikpartikel freigesetzt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) hat sich bereits im Jahr 2020 mit der Studie befasst und eigene Experimente durchgeführt. Hier zeigte sich, dass die von Hernandez und ihrem Team berichteten Zahlen an Mikroplastikpartikeln mit einem Durchmesser größer als 1 Mikrometer (μm) vermutlich um zwei bis drei Größenordnungen zu hoch liegen und die Partikel zudem auch nicht aus dem Kunststoff-Teebeutel herausgelöst wurden.
Der Hauptkritikpunkt an der Studie ist die Probenvorbereitung. Die Teebeutel wurden mit heißem Wasser extrahiert, und die Extrakte wurden anschließend mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) auf Mikroplastikpartikel hin untersucht. Vor der Untersuchung wurden die Extrakte allerdings eingedampft. Nichtflüchtige Substanzen, die vorher im Extrakt gelöst waren, fallen bei dieser Trocknung als Feststoffe aus und können fälschlicherweise als Mikroplastikpartikel identifiziert und gezählt werden. So handelt es sich beim Großteil der von Hernandez und ihrem Team gefundenen Partikel offenbar nicht um Mikroplastik, sondern um sogenannte Oligomere, kurzkettige Nebenprodukte aus der Herstellung der eingesetzten Kunststoffe. Entsprechend ist die in der Studie eingesetzte Probenvorbereitungsmethodik nach Ansicht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung für die Untersuchung auf Mikroplastik gänzlich ungeeignet.
Die herausgelösten Stoffe sind gesundheitlich bewertet und stellen in den berichteten (sehr kleinen) Mengen kein Gesundheitsrisiko dar. Die eigenen Untersuchungen des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zeigen außerdem, dass die Mikroplastikpartikel überwiegend nicht während des Kochvorgangs aus den Teebeuteln selbst freigesetzt werden, sondern sich bereits zuvor auf der Oberfläche der Teebeutel befanden und durch den Kochvorgang teilweise abgewaschen wurden. Dies zeigten vergleichende
Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") haben die Freisetzung von Mikroplastik aus Teebeuteln untersucht. Die Teebeutel wurden aufgeschnitten, der Tee wurde entfernt, und die Beutel wurden mit kaltem Wasser gespült. Anschließend wurden drei Teebeutel fünf Minuten lang in 10 mlkurz fürMilliliter 95 °Ckurz fürGrad Celsius heißem Wasser extrahiert. Ein Aliquot der Extrakte wurde auf einem Siliziumwafer getrocknet, und der Rückstand wurde mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) untersucht. Die Partikel ab einer Größe von 3 Nanometer (Durchmesser) wurden gezählt. Die Identität der Partikel wurde nicht einzeln betrachtet. Vielmehr wurde der getrocknete Film mittels Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR) und Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) untersucht, und die erhaltenen Spektren mit denen von Polyamid (Nylon 6,6) und Polyethylentherephthalat (PET) verglichen. Die Autorenschaft berichtet, dass rückgerechnet aus einem Teebeutel im Mittel 2,3 Millionen Mikroplastikpartikel mit einem Durchmesser größer als 1 μm sowie 14,7 Milliarden Mikroplastikpartikel mit einem Durchmesser kleiner als 1 μm freigesetzt wurden. Davon wiederum wiesen 3,1 Milliarden Partikel einen Durchmesser kleiner als 100 nmkurz fürNanometer auf.
Andere Forschende, unter anderem vom BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung, haben sich bereits Externer Link:im Jahr 2020 mit der Studie auseinandergesetzt, die wesentlichen Schwachpunkte benannt und eigene Experimente durchgeführt (Busse et al. 2020). Dabei wurden ebenfalls Teebeutel in heißem Wasser extrahiert. Der Extrakt wurde mit Mikro-Ramanspektroskopie untersucht. Dabei wird die chemische Identität jedes einzelnen Partikels (und nicht einer getrockneten Schicht) untersucht. Es wurden zwischen 5.800 und 20.400 Mikroplastikpartikel mit einem Durchmesser von größer als 1 μm pro Teebeutel gefunden, also zwei bis drei Größenordnungen weniger als von Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2019) berichtet (2,3 Millionen Partikel). Dabei lag der Anteil der Mikroplastikpartikel an allen gefundenen Partikeln im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Der Hauptkritikpunkt an der Studie von Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2019) ist die Probenvorbereitung. Durch das Trocknen der Extrakte auf dem Siliziumwafer vor der Untersuchung mittels REM ist zu erwarten, dass vorher im Extrakt gelöste Substanzen, die aus dem Teebeutel in das heiße Wasser migriert sind, ausfallen oder auskristallisieren und dann ebenfalls als Mikroplastikpartikel gezählt werden – zumal die Identifizierung nicht individuell für jeden Partikel sondern nur für die getrocknete Schicht erfolgte. Da es sich bei diesen Substanzen aber um lösliche Stoffe handelt, sollten sie nicht als Mikroplastik mitgezählt werden. Nach Ansicht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung und der Autorenschaft von Busse et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2020) handelt es sich bei diesen gelösten Stoffen hauptsächlich um Polyamid- bzw. PET-Oligomere. Dies wird auch durch hypothetische Berechnungen und den Vergleich mit Literaturdaten plausibel. So zeigten verschiedene Untersuchungen, dass die Freisetzung von Polyamidoligomeren aus Nylon in heißes Wasser im Bereich von 50 – 1.000 μg/l liegt. Legt man die von Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2019) berichtete Anzahl der Teilchen mit einem Durchmesser von kleiner als 1 μm sowie ihre Größenverteilung zugrunde, berechnet sich eine Gesamtmasse von 24,7 – 1.898 μg/l, was im selben Größenordnungsbereich wie die typischen Freisetzungsmengen liegt.
Busse et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2020) untersuchten zudem die Teebeutel vor und nach der Extraktion im Heißwasser elektronenmikroskopisch. Sie fanden an der Oberfläche anhaftende Partikel sowohl vor als auch nach der Extraktion, wobei ein leichter Trend zu weniger Partikeln nach der Extraktion zu beobachten war. Oberflächliche Veränderungen des Materials waren nicht zu beobachten. Dies wäre aber zu erwarten, wenn die gefundenen Mikroplastikpartikel tatsächlich aus dem Material selbst gebildet worden wären. Insgesamt deuten die Ergebnisse also darauf hin, dass die im Extrakt gefundenen Partikel von der Oberfläche abgewaschen und nicht während des Kochvorgans aus dem Material herausgelöst wurden.
Externer Link:Hernandez et al. (2020) publizierten eine Antwort auf die Kritik von Busse et al. (2020). Nach Ansicht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung räumt diese die wesentlichen Kritikpunkte und Schwächen der ursprünglichen Studie jedoch nicht aus.
Zusammenfassend zeigt sich nach Ansicht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung, dass die von Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2019) berichteten Anzahlen an Mikroplastikpartikeln nicht stimmig und deutlich zu hoch sind. Zudem sprechen weitere Untersuchungen gegen die Annahme, die Partikel würden aus den Plastikbeuteln während des Kochvorgangs freigesetzt:
- Die Anzahl der Mikroplastikpartikel mit einem Durchmesser größer als 1 μm ist vermutlich um 2-3 Größenordnungen zu hoch.
- Der Großteil der von Hernandez et al.kurz füret alii (lat. "und andere") (2019) gefundenen Partikel stellt kein Mikroplastik dar, sondern besteht aus Oligomeren der eingesetzten Kunststoffe, die typischerweise in einer Menge bis zu 1 mgkurz fürMilligramm/l in heißes Wasser migrieren können. Diese Oligomere wurden unter anderem durch das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung einer Risikobewertung unterzogen und stellen in den berichteten Mengen nach derzeitigem Stand des Wissens kein Gesundheitsrisiko dar (Externer Link:https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/polyamid-kuechenutensilien-kontakt-mit-heissen-lebensmitteln-moeglichst-kurz-halten.pdf).
- Die Untersuchungen u. a. des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zeigen, dass Mikroplastikpartikel nicht aus den Teebeuteln selbst freigesetzt bzw. generiert werden, sondern auf der Oberfläche der Teebeutel bereits vorher vorhanden waren und durch den Kochvorgang teilweise abgewaschen wurden. Die Anzahl der dabei gefundenen Partikel mit einem Durchmesser größer als 1 μm lag zwischen 5.800 und 20.400.
Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist es unwahrscheinlich, dass von Mikroplastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen. Eigene und mit verschiedenen Modellpartikeln durchgeführte Untersuchungen des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zur oralen Aufnahme von Mikropartikeln in Mäusen oder mittels Zellkulturversuchen ergaben keine Hinweise auf Schädigungen des Darmgewebes oder anderer Zellen. Aufgrund der unzureichenden Datenlage kann derzeit allerdings noch keine zusammenfassende Bewertung der Wirkung von Mikroplastik auf die Darmbarriere oder den menschlichen Körper erfolgen. Belege für schädigende Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf die menschliche Gesundheit liegen nicht vor.
Bei Mikroplastikpartikeln, die größer als 1 mmkurz fürMillimeter sind, ist davon auszugehen, dass diese voll-ständig über den Darm wieder ausgeschieden werden. Laut der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)) ist es sehr wahrscheinlich, dass nur Partikel mit einer Größe unter 150 μm grundsätzlich die Darmbarriere überwinden können. Über den Blutkreislauf weiterverteilt werden können jedoch wiederum nur Partikel kleiner als 1,5 μm. Studien zeigen auch, dass nur ein sehr geringer Anteil der oral aufgenommenen Mikroplastikpartikel die Darmbarriere überqueren kann.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen zu Mikroplastik in Teebeuteln:
Hernandez, Laura M. et al.kurz füret alii (lat. "und andere") Plastic Teabags Release Billions of Microparticles and Nanoparticles into Tea. Environ. Sci. Technol., 53, 21, 12300–12310 (2019).
Externer Link:https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.9b02540
Busse, Kristin et al.kurz füret alii (lat. "und andere") Comment on “Plastic Teabags Release Billions of Microparticles and Nanoparticles into Tea”. Environ. Sci. Technol., 54, 21, 14134–14135 (2020).
Externer Link:https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.0c03182
Hernandez, Laura M. et al.kurz füret alii (lat. "und andere") Response to Comment on “Plastic Teabags Release Billions of Microparticles and Nanoparticles into Tea”. Environ. Sci. Technol., 54, 21, 14136–14137 (2020).
Externer Link:https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acs.est.0c06422
Weitere Informationen auf der BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Website zum Thema Mikroplastik
- Fragen und Antworten zu Mikroplastik Zur FAQ
- BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Podcast zu Mikroplastik Externer Link: Zum Podcast