Umleitungen
Naphthalin in Verbraucherprodukten für den gesundheitlichen Schutz geregelt
Änderungen gegenüber der Version vom 03. November 2016: grundlegende Überarbeitung der Fragen und Antworten, neue Hinweise auf aktuelle Studienergebnisse, Aktualisierung der EU-Vorgaben für Naphthalin in Verbraucherprodukten, Hinzufügung von BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Publikationen zum Thema.
Darum geht es:
Naphthalin gehört zu den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen - kurz PAK. Gewonnen wird Naphthalin in erster Linie durch Aufarbeitung aromatenreicher Erdölfraktionen. Insbesondere in der Vergangenheit wurde es auch aus Steinkohlenteer gewonnen. Als Verbrennungsprodukt organischer Materialien tritt Naphthalin in geringen Konzentrationen nahezu überall in der Umwelt auf.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) hat im Folgenden Fragen und Antworten zum Thema Naphthalin in Verbraucherprodukten zusammengestellt.
Fragen und Antworten zu Naphthalin in Verbraucherprodukten
Naphthalin gehört zu den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), genauer: Naphthalin ist ein bicyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff (Summenformel C10H8) und damit der kleinste Vertreter der PAK.
Gewonnen wird Naphthalin in erster Linie durch Aufarbeitung aromatenreicher Erdölfraktionen. Insbesondere in der Vergangenheit wurde es auch aus Steinkohlenteer gewonnen. Ein großer Teil des Naphthalins wird als Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunststoffen eingesetzt. Dadurch kann es möglicherweise in einem breit gefächerten Spektrum an Verbraucherprodukten vorkommen. Im Rahmen des Monitorings des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) wurden PAKs daher in den Jahren 2017 und 2021 in Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt wie Griffe von Sportgeräten, Fahrradhelme oder (Uhren-)Armbänder sowie in Spielwaren überprüft. Im Jahr 2017 wurde Naphthalin bei 14 von 22 Spielwaren (MittelwertMittelwertZum Glossareintrag 0,442 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm, maximal 3,7 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm) und bei 57 von 107 Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt (Mittelwert 1,31 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm, maximal 38 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm) nachgewiesen (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2017). Im Jahr 2021 wurde Naphthalin in 5 von 19 Spielwaren (Mittelwert 0,196 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm, maximal 1,58 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm) und in 21 von 107 Bedarfsgegenständen mit Körperkontakt (Mittelwert 0,186 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm, maximal 5,39 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm) gefunden (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 2021). In den Jahren 2022 und 2023 hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart 102 Spielzeuge und Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt auf PAKs untersucht. Nur in einer Probe (Halloween-Maske) wurde eine geringe Menge Naphthalin gefunden (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: CVUA Stuttgart, 2022/23). Im Jahr 2025 wurde Naphthalin in Kinderregenmänteln nachgewiesen, die in China oder online erworben wurden (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: Shi et al.kurz füret alii (lat. "und andere"), 2025).
Im Jahr 2024 fand die Stiftung Warentest Naphthalin in Kinderwagen, Fahrradanhängern und Massagepistolen (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: Stiftung Warentest, 2024a; Stiftung Warentest, 2024b; Stiftung Warentest, 2024c).
Außerdem wird Naphthalin zu anderen Substanzen weiterverarbeitet, etwa zu Azofarbstoffen, und es ist in Kraftstoffen enthalten. In einer kürzlich durchgeführten Kurzstudie einer Zeitschrift wurde Naphthalin auch in Kindertattoos in drei Produkten (Test von insgesamt 15 Marken) nachgewiesen (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: Mariani and Throl, 2025). Früher diente Naphthalin als Mottenschutzmittel und Insektizid, wurde innerhalb der EU in diesem Bereich aber vollständig durch andere Substanzen ersetzt. Als Verbrennungsprodukt organischer Materialien tritt Naphthalin in geringen Konzentrationen nahezu ubiquitär in der Umwelt auf.
Naphthalin kann als Verunreinigung etwa in Rußen zum Schwarzfärben und in Mineralölen, die als Weichmacher eingesetzt werden, enthalten sein.
Naphthalin kann inhalativ, oral und dermal aufgenommen werden. Beim Menschen sind Vergiftungen nach oraler, inhalativer oder dermaler Applikation (z. B. über naphthalinhaltige Pharmaka) beschrieben. Dabei wurde von Hautreaktionen nach Hautkontakt und hämolytischer Anämie nach Inhalation von Naphthalindämpfen berichtet. Bei Arbeitern, die gegenüber Naphthalin als Staub oder Dampf exponiert waren, wurden Linsentrübungen, Hornhautgeschwüre am Auge und Katarakte beschrieben. Diese Beobachtungen erfolgten nach vergleichsweise hoher Naphthalinexposition.
Im Tierversuch verursacht Naphthalin Entzündungen, insbesondere in den Atemwegen. Eine wiederholte inhalative ExpositionExpositionZum Glossareintrag gegenüber Naphthalin führte im Tierversuch bereits bei niedrigen Konzentrationen zu lokalen Entzündungen und Schädigungen des oberen Atemtraktes, insbesondere der Nase. Als Folge der chronischen Entzündung kann es zur Entstehung von Tumoren kommen. Belastbare Hinweise zu einer möglichen krebserzeugenden Wirkung beim Menschen bei inhalativer Exposition fehlen jedoch. Daher wurde Naphthalin gemäß der europäischen Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung, VO (EG) Nr. 1272/2008) als Kanzerogen der Kategorie 2 („Kann vermutlich Krebs erzeugen“) eingestuft. Des Weiteren ist Naphthalin als Akut Toxisch 4 („Gesundheitsschädlich beim Verschlucken“) eingestuft. Die Einstufung akut toxischer Stoffe erfolgt in vier Kategorien, wobei Stoffe mit starker Giftwirkung der Kategorie 1 und Stoffe mit schwächerer Giftwirkung den weiteren Kategorien zugeordnet werden.
Naphthalin ist gemäß CLP-Verordnung als Kanzerogen der Kategorie 2 („Kann vermutlich Krebs erzeugen“) eingestuft, die krebserzeugende Potenz ist im Vergleich zu anderen PAK jedoch wesentlich geringer. Im Tierversuch trat die krebserzeugende Wirkung an Nagern nach inhalativer Aufnahme im Atemtrakt (Nasengewebe, Lunge) auf. Zur kanzerogenen Wirkung einer inhalativen Naphthalinexposition beim Menschen liegen keine aussagekräftigen epidemiologischen Befunde vor.
Auf Grundlage eines durch zytotoxisch-entzündliche Prozesse bedingten Schwellenwertmechanismus für die kanzerogene Wirkung im nasalen Gewebe der Ratte hat die Kommission Innenraumlufthygiene des Umweltbundesamtes im Jahr 2013 Innenraumluft-Richtwerte für Naphthalin festgelegt (siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: Bundesgesundheitsblatt 2013). Festgelegt wurden 0,01 mgkurz fürMilligramm Naphthalin pro m3 Luft als Vorsorgerichtwert (RW I) und 0,03 mgkurz fürMilligramm/m3 als Gefahrenrichtwert (RW II). Bei Unterschreitung von RW I sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger Exposition empfindlicher Personen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Bei Erreichung bzw. Überschreitung von RW II besteht unverzüglich Handlungsbedarf.
Naphthalin wird keinem Verbraucherprodukt gezielt zugesetzt, es kann jedoch als Verunreinigung in Verbraucherprodukten enthalten sein. Dies ist durch die Verwendung von Rußen zum Schwarzfärben oder von Mineralölen, die in Kunststoffen als Weichmacher eingesetzt werden, sowie auch bei der Verwendung einiger kohlenwasserstoffhaltiger Lösungsmittel möglich.
Naphthalin ist im Anhang II der EU-Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel gelistet und damit als Inhaltsstoff in kosmetischen Mitteln verboten.
Die EU-Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug legt in Anhang II Teil III Nr. 3 ein generisches Verwendungsverbot für krebserzeugende, mutagene und reproduktionstoxische (CMR)-Stoffe fest, das aufgrund der harmonisierten Einstufung als Kanzerogen der Kategorie 2 auch für Naphthalin gilt. Allerdings gibt es Ausnahmen von diesem Verbot, die in Anhang II Teil III Nr. 4 und 5 angegeben sind; Voraussetzung ist jedoch, dass die allgemeine Sicherheitsanforderung gemäß Artikel 10 (2) der EU-Spielzeugrichtlinie eingehalten wird.
Für alle Bedarfsgegenstände gilt gemäß § 30 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB): Es ist verboten, Bedarfsgegenstände derart herzustellen oder zu behandeln, dass sie bei bestimmungsgemäßem oder vorhersehbarem Gebrauch geeignet sind, die Gesundheit durch ihre stoffliche Zusammensetzung, insbesondere durch toxikologisch wirksame Stoffe oder durch Verunreinigungen, zu schädigen. Es ist verboten, derartige Bedarfsgegenstände in den Verkehr zu bringen.
Die für das GS-Zeichen festgelegten Maximalwerte für Naphthalin (zwischen 1 und 10 mgkurz fürMilligramm/kgkurz fürKilogramm; siehe unten, „Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten“: Ausschuss für Produktsicherheit, Stand 10. April 2020) wurden nicht aus gesundheitlicher Sicht abgeleitet. Vielmehr orientieren sich die Werte an dem, was heutzutage bei guter Herstellerpraxis technologisch erreichbar und einhaltbar ist und folgen damit dem Minimierungsprinzip. Gehalte, die die für das GS-Zeichen festgelegten Maximalwerte deutlich überschreiten, sind ein Indikator dafür, dass die gute Herstellerpraxis nicht eingehalten wurde.
Die Überwachung und Umsetzung bestehender Regelungen ist in Deutschland Aufgabe der Vollzugsbehörden der Bundesländer. Importeure und Händler müssen die Sicherheit von Produkten gewährleisten. Sie sind in der Pflicht, nur Produkte in den Verkehr zu bringen, die keine gesundheitlichen Schäden zur Folge haben können. Sie tragen die Verantwortung für ihre Produkte und müssen alle Anstrengungen unternehmen, damit nur einwandfreie Produkte auf den Markt kommen.
Weitere Informationen zu Naphthalin und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auf der BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Website
Weitere Informationen zu Naphthalin in Verbraucherprodukten
BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2017). Berichte zur Lebensmittelsicherheit 2017 – Monitoring, 96-99 Externer Link:https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/01_lm_mon_dokumente/01_Monitoring_Berichte/2017_lm_monitoring_bericht.pdf;jsessionid=248E392F50BACCC5373CD895F4071A3C.internet952?__blob=publicationFile&v=9#page=102
BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2021). Berichte zur Lebensmittelsicherheit 2021- Monitoring, 116-118
Externer Link:https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/01_lm_mon_dokumente/01_Monitoring_Berichte/2021_lm_monitoring_bericht.pdf;jsessionid=248E392F50BACCC5373CD895F4071A3C.internet952?__blob=publicationFile&v=5#page=122
CVUA Stuttgart (2024)
Externer Link:https://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=0&Thema_ID=3&ID=3918&Pdf=No&lang=DE
Mariani M. and Throl C. (2025): Test: Kindertattoos - Cool, bunt, ungesund. Öko-Test (2), 83-88
Shi H., Liang S., Wang Z., Lv Q., Zhang Q., and Likurz fürLithium M. (2025): Non-targeted analysis of odor components and hazardous volatiles in children's raincoats. Ecotoxicology and Environmental Safety 296, 118220. DOI: 10.1016/j.ecoenv.2025.118220
Stiftung Warentest (2024a): Buggys: Maxi-Cosi mit Maxi-Platz. test (3), 68-73
Stiftung Warentest (2024b): Kinderfahrradanhänger: Totalausfall. test (8), 70-76
Stiftung Warentest (2024c): Massagepistolen: Keine Wunderwaffe. test (7), 74-79
Product Safety Commission (AfPS): GS Specification - Testing and assessment of Polycyclic Aromatic Hydrocarbons (PAHs) in the awarding of GS Marks, date of issue: 10. April 2020
Externer Link:https://www.baua.de/DE/Die-BAuA/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/AfPS/pdf/AfPS-GS-2019-01-PAK-EN