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Kategorie Fragen und Antworten

Welche Gesundheitsrisiken birgt die Kontamination von Lebensmitteln mit 3-MCPD-, 2-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern?

Darum geht es:

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD), 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) und deren Fettsäureester sowie Glycidyl-Fettsäureester sind prozessbedingte Kontaminanten in Lebensmitteln. Sie entstehen zum Beispiel beim Raffinieren von Pflanzenölen und -fetten, wenn Begleitstoffe entfernt werden, um unerwünschten Geschmack zu beseitigen. Weitere Quelle ist das Erhitzen von fett -und salzhaltigen Lebensmitteln. Da die Stoffe gesundheitsschädigendes Potential aufweisen, sind sie in Lebensmitteln unerwünscht. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung hat Fragen und Antworten zu dem Thema zusammengestellt.

Fragen und Antworten zur Kontamination von Lebensmitteln mit 3-MCPD-, 2-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureestern

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) und 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) werden chemisch den Chlorpropanolen zugerechnet. Charakteristisch für diese Substanzgruppe ist, dass sie ein Glycerin-Grundgerüst aufweisen, bei dem eine Hydroxylgruppe durch ein Chloratom ersetzt ist. Bei 3-MCPD befindet sich das Chloratom an Position 3, bei 2-MCPD an Position 2. Die Fettsäureester bestehen aus dem Chlorpropanol, das mit einem oder zwei Fettsäureresten (Mono- und Diester) verestert ist.

Glycidol hat dasselbe Glycerin-Grundgerüst wie die Chlorpropanole, besitzt jedoch eine Epoxidstruktur. Glycidyl-Fettsäureester sind entsprechend Verbindungen aus Glycidol, das mit einer Fettsäure verestert ist.

Die Substanzen wurden in zahlreichen erhitzten Lebensmitteln, zum Beispiel in dunkel geröstetem Toastbrot, in der Rinde von Brot oder in Sojasaucen nachgewiesen. Freies 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) bzw. freies 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD) kann entstehen, wenn fett- und gleichzeitig salzhaltige Lebensmittel im Herstellungsprozess hohen Temperaturen ausgesetzt werden. Die estergebundenen Formen, also 2-MCPD-, 3-MCPD- sowie Glycidyl-Fettsäureester entstehen nach heutigem Wissensstand vor allem bei der Raffination pflanzlicher Fette und Öle, also bei Wärmebehandlungen zum Zweck von Reinigung und Veredlung. Rohe Öle enthalten noch verschiedene Begleitstoffe, die unter anderem aus Geruchs- und Geschmacksgründen unerwünscht sind und entfernt werden. Raffinierte, d. h. nicht naturbelassene (native) Speiseöle und Speisefette wie zum Beispiel Palmöl oder Palmfett, können daher 2-MCPD, 3-MCPD- sowie Glycidyl-Fettsäureester enthalten.

Für 2-MCPD und seine Fettsäureester ist bisher unzureichend untersucht, wie sie sich auf den Organismus auswirken. Es liegen deshalb derzeit keine geeigneten toxikologischen Studien vor, die für die Ableitung eines gesundheitsbasierten Referenzwertes für 2-MCPD im Rahmen einer Risikobewertung geeignet sind. Daher werden vor allem Langzeitstudien und Studien zur Untersuchung der möglichen Mechanismen der Toxizität von 2-MCPD und deren Fettsäureestern benötigt.

Anders ist die Situation bei 3-MCPD und seinen Fettsäureestern. Eine Studie mit Ratten zur Bioverfügbarkeit hat gezeigt, dass 3-MCPD-Fettsäureester bei der Resorption im Darm weit-gehend vollständig unter Freisetzung von 3-MCPD gespalten wird. In toxikologischen Lang-zeitstudien wurde nach Verabreichung von 3-MCPD an Versuchstiere eine Zunahme der Zellzahl (Hyperplasie) in den Nierentubuli als empfindlichster Endpunkt beobachtet. In höheren Dosierungen wurden bei den behandelten Tieren gutartige Tumoren ausgelöst. Eine direkt erbgutschädigende Wirkung von freiem 3-MCPD wurde nicht nachgewiesen. Postulierte, jedoch noch nicht experimentell nachgewiesene Metabolite von freiem 3-MCPD und freiem 2-MCPD sind allerdings unzureichend auf ihre direkten genotoxischen Wirkungen untersucht. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass die in der Tierstudie mit freiem 3-MCPD beobachteten Tumore erst oberhalb eines Schwellenwertes auftreten.

Unter Berücksichtigung des vom wissenschaftlichen Ausschuss der EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) publizierten aktuellen Leitfadens zur Anwendung des Benchmark-Dosis-Ansatzes für die Risikobewertung hat die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) im Jahr 2018 eine Analyse der Dosis-Wirkungsbeziehungen vorgenommen. Als sensitivster Endpunkt wurde das gehäufte Auftreten von Hyperplasien in den Nieren der männlichen Versuchstiere angesehen.

Die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) ermittelte aus den vorliegenden toxikologischen Daten einen BMDL10 von 200 µgkurz fürMikrogramm/kgkurz fürKilogramm Körpergewicht und Tag (männliche Ratten). Als BMDL10 wird ein toxikologischer Schätzwert der niedrigsten Dosis bezeichnet, die im Tierexperiment mit 95%iger Sicherheit eine Krebsinzidenz von weniger als 10 % verursacht. Auf der Basis dieses Wertes leitete die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) unter Anwendung eines Unsicherheitsfaktors von 100 einen Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahme (TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge); Tolerable Daily Intake) für 3-MCPD von 2 µgkurz fürMikrogramm/kgkurz fürKilogramm Körpergewicht ab. Diese Ableitung bestätigt den vom BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung bereits im Jahr 2012 durch Benchmark-Dosis-Modellierung unter Anwendung eines BMDL10-Wertes von 270 µgkurz fürMikrogramm/kgkurz fürKilogramm Körpergewicht abgeleiteten TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge)-Wert. Das bedeutet für Verbraucherinnen und Verbraucher, dass bei einer täglichen Aufnahme von bis zu 2 µgkurz fürMikrogramm 3-MCPD oder seiner Fettsäureester je kgkurz fürKilogramm Körpergewicht gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten sind.

Glycidol besitzt genotoxische und kanzerogene Eigenschaften und wurde von verschiedenen wissenschaftlichen Gremien (IARC, MAK-Kommission) als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen eingestuft. Studien zur Bioverfügbarkeit haben gezeigt, dass Glycidyl-Fettsäureester im Organismus gespalten werden, wobei Glycidol nahezu vollständig freige-setzt wird. Daher werden die Glycidyl-Fettsäureester aus toxikologischer Sicht wie Glycidol behandelt. Aufgrund des genotoxischen Potenzials von Glycidol können für Glycidyl-Fettsäureester keine unbedenklichen Aufnahmemengen festgelegt werden.

Für Glycidol ist die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)-Bewertung aus dem Jahr 2016 gültig. Grundsätzlich sollten die Gehalte an genotoxisch kanzerogenen Substanzen wie Glycidol oder Glycidylfettsäureestern in Lebensmitteln so weit wie möglich minimiert werden. Wie das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung in seiner Bewertung hat auch die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) für die Risikobewertung von Glycidol bzw. Glycidyl-Fettsäureester den MoEkurz fürMargin of Exposure-Ansatz (Margin of Exposure) gewählt. Dabei wird zur Beschreibung des Risikos, das von der ExpositionExpositionZum Glossareintrag gegenüber kanzerogenen und genotoxischen Substanzen in Lebensmitteln ausgeht, der MOEkurz fürMargin of Exposure-Wert als Verhältnis aus der kleinsten Dosis, bei der eine messbare nachteilige Wirkung beobachtet wird, und Schätzungen zur Höhe der Exposition gegenüber der betreffenden Substanz unter Berücksichtigung unterschiedlicher Verzehrmuster gebildet. In der Regel wird der erforderliche Referenzpunkt aus Tierstudien zur chronischen Wirkung von Stoffen abgeleitet. In Übereinstimmung mit der Stellungnahme des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung hat die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) als Referenzpunkt zur Ermittlung eines MoEkurz fürMargin of Exposure-Wertes für Glycidyl-Fettsäureester aus Tierstudien ein T25-Wert von 10,2 mgkurz fürMilligramm Glycidol/kgkurz fürKilogramm Körpergewicht und Tag abgeleitet. Der auf den T25-Wert bezogene MoEkurz fürMargin of Exposure-Wert sollte größer als 25.000 sein.

Die Verbindungen wurden in raffinierten Speiseölen und Speisefetten wie zum Beispiel Palmöl und Palmfett nachgewiesen sowie in Lebensmitteln, die daraus hergestellt wurden, wie zum Beispiel Margarine, Back- und Konditoreiwaren und frittierte Produkte, aber auch verschiedene Snack-Produkte, süße Brotaufstriche (Nuss-Nougatcreme) sowie Säuglingsanfangs- und Folgenahrung.

Eine Zusammenstellung von Gehaltsdaten in Lebensmitteln auf dem deutschen Markt findet sich in dem Bericht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung aus dem Jahr 2022. Hohe 3-MCPD Durchschnittsgehalte wurden in gebratenen Fischstäbchen, Brathering sowie in süßem Brotaufstrich und damit gefülltem Feingebäck und Croissants nachgewiesen. Süße Brotaufstriche und gefülltes Feingebäck wiesen im Jahr 2022 auch hohe Gehalte an Glycidyl-Fettsäureestern auf. Aktuelle Daten aus der ersten deutschen Total Diet (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung MEAL) Studie bestätigen, dass gefüllte feine Backwaren nach wie vor hohe Gehalte an Glycidyl- Fettsäureestern sowie 2- und 3-MCPD-Fettsäureester aufweisen. Fischstäbchen und Pommes Frites können abhängig vom Bräunungsgrad und der Art der Erhitzung (in der Fritteuse, der Heißluftfritteuse oder im Backofen) ebenfalls höhere Gehalte dieser hitzebedingten Kontaminanten enthalten.

Die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) kommt in ihren Stellungnahmen aus den Jahren 2016 und 2018 zum Ergebnis, dass die Exposition in der erwachsenen Bevölkerung den neu etablierten TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge)-Wert von 2 µgkurz fürMikrogramm/kgkurz fürKilogramm Körpergewicht pro Tag nicht überschreitet. Lediglich bei jüngeren Personengruppen, hier insbesondere bei Vielverzehrern und Säuglingen, die ausschließlich Säuglingsnahrung erhalten, überschreitet die Aufnahme von 3-MCPD und seinen Fettsäureestern den TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge)-Wert geringfügig. 

Um die Exposition gegenüber diesen Stoffen zu senken, wurden in der Europäischen Union Höchstgehalte unter anderem für 3-MCPD und 3-MCPD-Fettsäureester in bestimmten Lebensmitteln festgelegt. Aktuelle Daten zum Vorkommen von 3-MCPD und 3-MCPD-Fettsäureester in Lebensmitteln aus den Jahren 2020 bis 2022 aus Monitoringprogrammen der Mitgliedstaaten deuten darauf hin, dass bei guter Praxis bereits niedrigere Werte an 3-MCPD und 3-MCPD-Fettsäureestern in bestimmten Lebensmitteln erreicht werden können. Daher wurden in der Europäischen Union mit der Verordnung (EU) 2024/1003 die Höchstgehalte für 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) und 3-MCPD-Fettsäureester in Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke für Säuglinge und Kleinkinder sowie in Kleinkindnahrung abgesenkt. Diese gelten seit dem 1. Januar 2025.

Die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) kommt in ihrer Stellungnahme im Jahr 2018 zu dem Schluss, dass vor allem jüngere Bevölkerungsgruppen, insbesondere nicht-gestillte Säuglinge, die ausschließlich mit industriell gefertigter Säuglingsmilchnahrung (Anfangs- und Folgemilch) ernährt werden, gesundheitlich bedenkliche Mengen an Glycidol aufnehmen können. Um die Exposition gegenüber diesen Stoffen zu senken, wurden in der Europäischen Union Höchstgehalte unter anderem für Glycidylfettsäureester in bestimmten Lebensmitteln festgelegt.

3-MCDP-, 2-MCPD- und ihre Fettsäureester sowie Glycidyl-Fettsäureester entstehen unvermeidlich, wenn fett- und gleichzeitig salzhaltige Lebensmittel hohen Temperaturen ausgesetzt werden. Entsprechend werden die Substanzen in zahlreichen erhitzten Lebensmitteln nachgewiesen. Ihr Gehalt im Lebensmittel lässt sich vor allem durch Produktions- und Verarbeitungsverfahren minimieren, jedoch entstehen sie als prozessbedingte Kontaminanten in den Lebensmitteln auch bei der Zubereitung von Speisen zu Hause. Fleisch oder Gemüse sollte daher besser ungesalzen in Öl oder Fett gebraten werden. Gesalzen werden kann dann nach dem Bratvorgang. Bei Pommes Frites und Fischstäbchen ist auch der Bräunungsgrad entscheidend (je brauner, desto höher die Gehalte dieser Substanzen), aber auch die Art der Erhitzung (Fritteuse, Heißluftfritteuse oder Backofen). In der BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-MEAL-Studie wiesen Lebensmittel, die vorgebraten und/oder mit pflanzlichen Ölen frittiert wurden, wie z. B. Fischstäbchen und Pommes frites, höhere Werte auf.

Säuglingsnahrung ist in der Zusammensetzung auf die speziellen Bedürfnisse von Kindern in den ersten Lebensmonaten abgestimmt. Ihre Herstellung erfolgt aus einzelnen Komponenten entsprechend den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Nährstoffbedarf. Seit langer Zeit werden für den Fettanteil raffinierte pflanzliche Fette verwendet. Aufgrund des Nachweises von 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)-, 2-Monochlorpropandiol (2-MCPD)- und Glycidyl-Fettsäureestern in diesen Fetten kommen diese Verbindungen auch in Säuglingsnahrung vor. Die Gehalte dürfen die auf EU-Ebene festgelegten Höchstgehalte aber nicht überschreiten.

Grundsätzlich gibt es für die Ernährung von nicht gestillten Säuglingen keine Alternative zu industriell gefertigter Säuglingsnahrung. Nur so kann eine optimale Ernährung sichergestellt werden, wenn nicht gestillt wird. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt daher, Säuglinge, sofern diese nicht gestillt werden, bei Bedarf wie bisher mit den speziell für sie hergestellten Produkten zu ernähren, weil diese Produkte für den Säugling lebenswichtige Nährstoffe in der richtigen Zusammensetzung enthalten.

Über das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.