FAQ des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung vom 15. Februar 2018
Aufgrund wiederholter Nachweise von Chlorat in Lebensmitteln hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)) die gesundheitlichen Risiken durch Chlorat in Lebensmitteln bewertet. Auf dieser Basis hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) seine Stellungnahme zu Chlorat aktualisiert.
Chlorate sind Salze der Chlorsäure. Natrium- und Kaliumchlorat wurden in der Vergangenheit zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In der EU sind heutzutage keine Anwendungen von chlorathaltigen Pflanzenschutzmitteln oder Biozidprodukten mehr gestattet. Chlorat kann jedoch bei der Verwendung von chlorhaltigen Substanzen zur Reinigung oder Desinfektion als Nebenprodukt entstehen. Nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse ist als Eintragspfad der Kontakt von Lebensmitteln mit Wasser wahrscheinlich, das zuvor zu Desinfektionszwecken mit chlorhaltigen Biozidprodukten behandelt worden ist.
Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung hat Fragen und Antworten zum Thema zusammengestellt.
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Fragen und Antworten zu Chlorat in Lebensmitteln
Chlorate sind Salze der Chlorsäure (HClO3), die aus dem Chlorat-Anion (CIO3-) und verschiedenen Kationen bestehen. Bekannte Chloratverbindungen sind z.B. Natrium- und Kaliumchlorat. Es ist nicht bekannt, welche Chloratverbindungen in den Lebensmitteln enthalten waren, in denen Chlorat gemessen wurde.
Natrium- und Kaliumchlorat wurden in der Vergangenheit zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In der EU sind heutzutage keine Anwendungen von chlorathaltigen Pflanzenschutzmitteln oder Biozidprodukten mehr gestattet. Chlorat kann jedoch bei der Verwendung von chlorhaltigen Substanzen zur Reinigung oder Desinfektion als Nebenprodukt entstehen.
Als Haupteintragspfad ist nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse der Kontakt von Lebensmitteln - im Zuge ihrer Erzeugung und/oder Verarbeitung - mit Wasser wahrscheinlich, das zuvor zu Desinfektionszwecken mit chlorhaltigen Biozidprodukten behandelt worden ist. Chlorat kann als Desinfektionsnebenprodukt bei einer solchen Anwendung entstehen.
Eine wiederholte ExpositionExpositionZum Glossareintrag gegenüber Chlorat kann beim Menschen dazu führen, dass die Jodaufnahme gehemmt wird. Diese Hemmung kann bei Risikogruppen zeitweilige Veränderungen des Schilddrüsenhormonspiegels verursachen. Die Hemmung der Jodaufnahme ist reversibel.
Besonders betroffen von unerwünschten Wirkungen können Personen mit Schilddrüsenerkrankungen, mit Jodmangel sowie Neugeborene und Kinder sein. Eine weitere kritische Gruppe sind Schwangere, die bereits eine Schilddrüsenfunktionsstörung aufweisen.
Die einmalige Aufnahme von Chlorat (akute Exposition) wirkt sich nicht nennenswert auf die Hemmung der Jodaufnahme aus, kann aber bei höheren Chloratkonzentrationen zu einer Schädigung der roten Blutkörperchen führen.
Die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) hat für Chlorat eine tolerable tägliche Aufnahmemenge (TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge), tolerable daily intake) von 0,003 Milligramm (mgkurz fürMilligramm) pro Kilogramm (kgkurz fürKilogramm) Körpergewicht abgeleitet. Die Wirkstärke ist somit um den Faktor 10 geringer als die von Perchlorat (http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_perchlorat_in_lebensmitteln-188220.html). Basierend auf dem Effekt, dass bei einmaliger Aufnahme höherer Chloratkonzentrationen die roten Blutkörperchen geschädigt werden können, hat die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) außerdem eine akute Referenzdosis (ARfDkurz fürAcute Reference Dose (akute Referenzdosis)) von 0,036 mgkurz fürMilligramm pro kgkurz fürKilogramm Körpergewicht für Chlorat abgeleitet.
Chlorat fällt in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Da für Chlorat dort bisher keine spezifischen Rückstandshöchstgehalte festgesetzt sind, gilt gemäß der Verordnung in allen Lebensmitteln ein allgemeiner Rückstandshöchstgehalt von 0,01 mgkurz fürMilligramm pro kgkurz fürKilogramm Lebensmittel. Dieser Höchstgehalt ist in vielen Lebensmittelgruppen jedoch nicht ausreichend, um die auftretenden Gehalte abzudecken, die nach Kontakt mit Wasser auftreten können, das zuvor mit chlorhaltigen Desinfektionsmitteln behandelt worden ist. Die Europäische Kommission beabsichtigt daher, auf Basis von Monitoringdaten spezifische Höchstgehalte für Lebensmittelgruppen pflanzlichen und tierischen Ursprungs festzulegen. Bei der Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte ist zu berücksichtigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur über Lebensmittel, sondern vor allem über Trinkwasser Chlorat aufnehmen und die geschätzte Gesamtaufnahme über beide Eintragspfade nicht über dem TDIkurz fürTolerable Daily Intake (tolerierbare tägliche Aufnahmemenge)-Wert liegen sollte.
Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) hat für Chlorat in Trinkwasser einen vorläufigen Richtwert von 0,7 mgkurz fürMilligramm pro Liter Trinkwasser veröffentlicht. Unter Berücksichtigung der aktuellen toxikologischen Bewertungen wird jedoch eine Absenkung dieses Wertes sowie die Aufnahme eines spezifischen Grenzwertes für Chlorat in die deutsche Trinkwasserverordnung diskutiert.
Auf Basis der ausgewerteten Daten zum Vorkommen von Chlorat in Lebensmitteln kommt die EFSAkurz fürEuropean Food Safety Authority (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) in ihrer Stellungnahme zu dem Schluss, dass die wiederholte Aufnahme von Chlorat bei den jüngeren Bevölkerungsgruppen mit leichtem bis moderatem Jodmangel Anlass zu Bedenken gibt, während eine einmalige Aufnahme als unkritisch anzusehen war.
Häufig wurde Chlorat in tiefgefrorenem Gemüse, Obstsäften und Salaten/Kräutern nachgewiesen. Ursache für das Auftreten von Chlorat in diesen Produkten könnten Prozesse wie das Glasieren von Tiefkühlware, das Verdünnen von Saftkonzentraten oder das Waschen von Kräutern und Salaten mit chlorathaltigem Wasser gewesen sein.
Chloratrückstände wurden in Lebensmitteln aus zahlreichen Herkunftsländern gemessen, darunter auch aus Deutschland.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren. Der gesundheitliche Nutzen von Obst und Gemüse bleibt unumstritten.
Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, dass entsprechend dem Vorschlag der EU-Kommission alle von der Chlorat-Thematik Betroffenen aus den Bereichen Pflanzenschutzmittel, Trinkwasser, Babynahrung, Lebensmittelhygiene gemeinsam die notwendigen Maßnahmendiskutieren, damit gewährleistet ist, dass bei der Risikobewertung alle Eintragspfade berücksichtigt werden und notwendige Maßnahmen zur Einhaltung der Trinkwasserhygiene weiterhin durchgeführt werden können.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMELkurz fürBundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
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