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Das Deutsche Vergiftungsregister – Daten sammeln, Leben retten

Darum geht es:

Im Vierten Gesetz zur Änderung des Chemikaliengesetzes (BGBl. 2023 I Nr. 313) wurde die Einrichtung eines zentralen Vergiftungsregisters am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) festgelegt. In dem Register sollen die Daten von Vergiftungsfällen aller deutschen Giftinformationszentren mit denen des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zusammengeführt und ausgewertet werden. 

Mit der Einrichtung des Deutschen Vergiftungsregisters (DVR) wird es erstmals einen Überblick über das Vergiftungsgeschehen in Deutschland geben. Damit kann das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung aufgrund einer sehr viel besseren Datenlage über gesundheitliche Risiken im Umgang mit gefährlichen Stoffen, Gemischen oder Erzeugnissen informieren.

Fragen und Antworten zum Deutschen Vergiftungsregister

Das Deutsche Vergiftungsregister ist eine zentrale Datenbank, in der die Vergiftungsmeldungen aus den Giftinformationszentren der Länder (GIZ) in Deutschland, den Berufsgenossenschaften und die ärztlichen Mitteilungen zusammengeführt werden. Damit stehen die Daten für Auswertungen zur Verfügung. Ziel ist es, einen Überblick über das nationale Vergiftungsgeschehen in Deutschland zu erhalten.

Das Register wird ab 1. Januar 2026 starten. Ab diesem Zeitpunkt werden die Daten zu Vergiftungsfällen in elektronischer Form und über gesicherte Übertragungskanäle an das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) übermittelt. Durch gezielte Auswertungen dieser Daten trägt das Register dazu bei, die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern besser zu schützen und damit im besten Fall auch Menschenleben zu retten.

Das Register erfasst grundsätzlich alle stofflichen Vergiftungen. Das beinhaltet nicht nur chemische Produkte, sondern auch Vergiftungen natürlichen Ursprungs, ob fest, flüssig oder gasförmig. Neben dem Stoff, der für die Vergiftung verantwortlich ist, werden u. a. auch das dazugehörige Produkt und die Art der Aufnahme erfasst, also ob der Stoff beispielsweise verschluckt oder eingeatmet wurde. Auch der Schweregrad der Vergiftung wird registriert. Zusätzlich werden Altersgruppe und Geschlecht aufgenommen. Genau geregelt ist das in § 16g-j des Chemikaliengesetzes.

Welche Angaben zu Vergiftungsfällen erfasst werden, hängt davon ab, wer den Vergiftungsfall meldet. Das Chemikaliengesetz (ChemG) unterscheidet hier zwischen den Giftinformationszentren (Meldung nach § 16i ChemG) und Ärztinnen und Ärzten, welche nach § 16e ChemG melden. 

Für die Meldungen durch die Giftinformationszentren ist geregelt, dass Vergiftungen mit Arzneimitteln, Betäubungsmitteln, Tierarzneimitteln und alkoholischen Getränken nicht im Register erfasst werden. Festgelegt ist dies in § 2 Absatz 6 des ChemG. Grund ist, dass über Alkoholvergiftungen bereits umfangreiche Informationen vorliegen. Für Arzneimittel und Betäubungsmittel, die im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt sind, liegt die Zuständigkeit beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Im Rahmen der Pharmakovigilanz (Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln) werden dort unerwünschte Wirkungen erfasst und Nutzen-Risiko-Bewertungen vorgenommen. Die Sicherheit von Tierarzneimitteln überwacht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVLkurz fürBundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). 

Im Fall von Meldungen nach § 16e ChemG durch Ärztinnen und Ärzte werden wiederum Vergiftungen mit Betäubungsmitteln aufgenommen, die nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Vergiftungen mit Kosmetika, Tabakerzeugnissen, Medizinprodukten und (mit Ausnahmen) Lebens- und Futtermitteln sind dagegen von dieser Meldepflicht ausgenommen. Für diese Produktgruppen gelten eigene Gesetze, die die Überwachung regeln. 

Auch nach Einführung des Deutschen Vergiftungsregisters ist mit einer gewissen Dunkelziffer von Vergiftungsfällen zu rechnen, da zum Beispiel nicht alle Betroffenen eine Beratung eines Giftinformationszentrums in Anspruch nehmen.

Alle Ärztinnen und Ärzte, die bei Vergiftungen durch gefährliche Stoffe, Gemische, Erzeugnisse oder Biozid-Produkte – auch bei Verdachtsfällen – hinzugezogen werden, sind laut § 16e Chemikaliengesetz verpflichtet, die wesentlichen Informationen an das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zu übermitteln. Bei Berufsunfällen übernehmen die gesetzlichen Unfallversicherungsträger diese Meldung.

Ab dem 1. Januar 2026 sind auch die Giftinformationszentren dazu verpflichtet, ihre Vergiftungsfälle an das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zu melden.

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Mitteilungen nimmt das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung auch freiwillige Meldungen (z. B. von Betroffenen) entgegen. Dies kann formlos unter den angegebenen Kontaktdaten oder mittels Nutzung des Externer Link:Formblattes geschehen. Die Meldungen werden nach toxikologischer Bewertung anonymisiert in die Datenbank aufgenommen. Eine Beratung zu den Fällen kann seitens des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung allerdings nicht stattfinden. Hierfür sind die (Haus-)Ärzte und Ärztinnen sowie die Giftinformationszentren zuständig.

Weitere Informationen und die Meldemöglichkeiten finden Sie hier.

Die Giftinformationszentren sind medizinische Einrichtungen, die Anruferinnen und Anrufer bei Vergiftungen oder Vergiftungsverdacht 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr beraten. Dadurch kann den Betroffenen schnell geholfen werden, und in vielen Fällen bleibt ihnen ein Arztbesuch erspart. In Deutschland gibt es derzeit sieben Giftinformationszentren.

Eine Übersicht finden Sie Download:hierVerzeichnis der Giftinformationszentren der Bundesrepublik Deutschland (PDF, 132 B, nicht barrierefrei).

Derzeit gehen pro Jahr bei den Giftinformationszentren insgesamt rund 300.000 Anrufe zu Vergiftungs- oder Verdachtsfällen ein. Eine bundesweite Zusammenführung und systematische Auswertung der Informationen zu diesen Fällen gibt es bisher jedoch nicht. Das soll sich mit dem Deutschen Vergiftungsregister ändern.

Nach Anbindung aller sieben Giftinformationszentren werden pro Jahr voraussichtlich über 200.000 Fälle in die Datenbank einfließen, zuzüglich der rund 10.000 durch die Unfallversicherungsträger übermittelten Fälle. 

Die Zahl der Beratungen in den Giftinformationszentren ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.

Bisher gab es noch keinen annähernden Überblick über das Vergiftungsgeschehen in Deutschland, weil die Daten, insbesondere der Giftinformationszentren, nicht zusammengeführt wurden. Ein solcher Überblick ist aber u. a. eine Voraussetzung dafür, dass Deutschland seinen Berichtspflichten gegenüber der EU und der WHO nachkommen kann, z. B. über Vergiftungen mit Bioziden bzw. bei auftretenden überregionalen Gesundheitsgefahren.

Die genaue Kenntnis über Vergiftungsfälle ist außerdem eine wichtige Grundlage für die Bewertung von Risiken bei vielen unterschiedlichen Stoffen und Produktgruppen. Mit Hilfe der gesammelten Daten können z. B. Muster über die Art und Häufigkeit bestimmter Vergiftungen erkannt werden. Das unterstützt auch die Vergiftungsberatung und die Festlegung von Regelungen sowie Präventionsmaßnahmen zu gefährlichen Stoffen oder Produkten.

Außerdem können Verbraucherinnen und Verbraucher gezielt über Risiken informiert werden, um Vergiftungsfälle zu vermeiden. Beispiele dafür sind häufig vorkommende Vergiftungsunfälle bei Kindern oder Verwechslungen von essbaren mit nicht essbaren Pflanzen und Pilzen.

Die Daten sollen künftig auch zu einer Früherkennung von Risiken beitragen und damit den Verbraucherschutz stärken.

Fallberichte zu Vergiftungen werden am BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung und seinen Vorgängerinstitutionen bereits seit dem Jahr 1990 gesammelt. Grundlage ist das Chemikaliengesetz. Demnach müssen Ärztinnen und Ärzte alle Fälle von Vergiftungen mit Stoffen, Produkten oder Bioziden an das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung melden, auch Verdachtsfälle. 

Derzeit werden dem BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung etwa 8.000 Vergiftungsfälle pro Jahr gemeldet. Der größte Teil dieser Meldungen an das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung stammt von Berufsgenossenschaften und anderen gesetzlichen Unfallversicherungen, zum Beispiel zu Arbeitsunfällen mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, Rauchvergiftungen oder Chemikalien, die im Labor oder in der Produktion verwendet werden. Bei den Giftinformationszentren gehen hingegen Fälle ein, die ein breiteres Spektrum abdecken, darunter vor allem auch solche, die Kinder betreffen.

Personenbezogene Daten dürfen prinzipiell nicht an das Deutsche Vergiftungsregister gemeldet und dort aufgenommen werden.

In der Konzeption und beim Betrieb der Datenbank werden Sicherheitsmaßnahmen nach Maßgabe eines Sicherheitskonzeptes auf Grundlage der Anforderungen des Bundesinstituts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) berücksichtigt. Diese technischen und organisatorischen Maßnahmen gewährleisten ein Höchstmaß an Daten- bzw. Informationssicherheit.

Aus diesen Gründen ist auch ein direkter Zugriff von externer Seite auf das Deutsche Vergiftungsregister streng geregelt und auf die Giftinformationszentren beschränkt. 

  • Entgegennahme sowie die technische und inhaltliche Qualitätssicherung von Mitteilungen der Giftinformationszentren
  • Elektronische Erfassung und Bearbeitung (Kategorisierung) der Mitteilungen von Vergiftungsfällen
  • Auswertungen der Vergiftungsmeldungen zur Erstellung von Berichten für die BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Risikobewertung, zur Erfüllung der nationalen und internationalen (EU, WHO) Berichtspflichten Deutschlands, zur Information der zuständigen Bundesministerien sowie nachgeordneter Behörden, der Öffentlichkeit oder zur Beantwortung weiterer externer Anfragen bei Vorliegen eines berechtigten Interesses
  • Pflege und Weiterentwicklung der Falldatenbank und der Berichtsverfahren
  • Gesundheitliche Bewertungen von Vergiftungen (Schwerpunkt akute Toxikologie) im Rahmen der fachlichen Aufgaben des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung
  • Beteiligung an nationalen und internationalen Forschungsprojekten

Das Bundesinstitut für Risikobewertung ist zudem an Forschungs- und Entwicklungsprojekten auf dem Gebiet der Humandatennutzung im Bereich der Regulatorischen (Klinischen) Toxikologie beteiligt.