Kategorie Fragen und Antworten

Fragen und Antworten zu den Auswirkungen des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung

Aktualisierte FAQ des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung vom 03. August 2016

Werden Tiere krank, so kann es erforderlich werden, diese mit Arzneimitteln zu behandeln. Antibiotika dürfen bei Lebensmittel liefernden Tieren nur nach Verschreibung durch den Tierarzt gezielt verwendet werden.

Lebensmittel dürfen nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie keine Rückstände enthalten, die die Gesundheit der Verbraucher beeinträchtigen können. Bei einer bestimmungsgemäßen Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung sind in den Lebensmitteln nach Einhaltung der vorgeschriebenen Wartezeiten keine gesundheitlich bedenklichen Rückstände der Antibiotika vorhanden. Aufgrund der strengen Regelungen und Kontrollen ist das gesundheitliche Risiko von Verbrauchern durch den Verzehr von Lebensmitteln im Hinblick auf Antibiotikarückstände gering.

Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung begünstigt die Resistenzentwicklung und Ausbreitung von Bakterien mit Resistenzen. Antibiotikaresistenz bedeutet, dass die Erreger gegen bestimmte Antibiotika unempfindlich sind. Es lässt sich aber bisher nicht abschätzen, in welchem Umfang dieser Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zur Resistenzproblematik in der Humanmedizin beiträgt.

Im Rahmen der Lebensmittelgewinnung können resistente Keime aus der Tierproduktion auf Lebensmittel, z.B. Fleisch oder Milch, übertragen werden. Über Lebensmittel, aber auch durch direkten Tierkontakt, können resistente Erreger auch zum Verbraucher gelangen und unter Umständen Infektionen beim Menschen auslösen. Wenn eine Therapie erforderlich ist, das eingesetzte Antibiotikum aber nicht wirkt, können Infektionen mit den resistenten Keimen länger dauern oder schwerer verlaufen.

Um eine weitere Zunahme der Resistenzen zu verhindern, sollte der Antibiotika-Einsatz nach Auffassung des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung auf das unbedingt therapeutisch notwendige Maß begrenzt werden. Anstrengungen, die Tiere gesund zu erhalten, damit Behandlungen erst gar nicht erforderlich werden, sollten hierbei im Vordergrund stehen. Ein Konzept zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung wurde mit der 16. AMG-Novelle gesetzlich verankert.

[Accordion] Fragen und Antworten zu den Auswirkungen des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung

Antibiotika werden zur Bekämpfung bakterieller Infektionen eingesetzt. Die Erreger solcher Infektionen können auf unterschiedlichen Wegen in einen Tierbestand gelangen. Durch das enge Zusammenleben vieler Tiere können sich eingetragene Infektionserreger im Bestand rasch ausbreiten und zu erheblichen Verlusten führen. Tierärzte setzen Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren ein, um die Tiere von solchen Infektionen zu heilen und vor den Folgen der Infektion (Krankheit, Leiden, Tod) zu schützen. Bei Tieren in Gruppenhaltung werden häufig alle Tiere behandelt, um eine Ausbreitung der Infektion von kranken Tieren hin zu noch gesunden Tieren in der Gruppe zu verhindern.

Seit 2006 ist in der EU der Einsatz von Antibiotika als Leistungsförderer in der Nutztierhaltung verboten. Davor wurden sie eingesetzt, um z. B. das Wachstum der Tiere zu verbessern.

Viele Antibiotika werden sowohl in der Veterinärmedizin als auch in der Humanmedizin eingesetzt. Auf internationaler Ebene wurde daher eine Liste der Antibiotika erstellt, die für die Human- und Veterinärtherapie besonders wichtig sind:

Externer Link:ftp://ftp.fao.org/docrep/fao/010/i0204e/i0204e00.pdf .

Diese Liste wurde im Hinblick auf die Humantherapie von der WHO im Jahr 2011 erweitert:

Externer Link:http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/77376/1/9789241504485_eng.pdf

Die Menge an Antibiotika, die an Tierärzte bzw. tierärztliche Hausapotheken abgegeben wurde, ist von 1706 Tonnen (t) im Jahr 2011, dem ersten Jahr der Erhebung, auf etwa 837t im Jahr 2015 zurückgegangen.

Es ist davon auszugehen, dass der größte Anteil dieser Substanzen im Nutztierbereich eingesetzt wird. Der Rückgang betrifft die allermeisten Gruppen von Antibiotika. Ein Anstieg der Abgabemengen gegenüber 2011 ist 2015 für die Substanzgruppen Fenicole, Cephalosporine der 3. Generation und Fluorchinolone zu verzeichnen. Auch bei der Gruppe der Cephalosporine der 4. Generation sind die Mengen im Vergleich zu 2011 nicht wesentlich zurückgegangen. Die Entwicklung bei den Cephalosporinen der 3. und 4. Generation und den Fluorchinolonen ist aufgrund der besonderen Bedeutung dieser Substanzgruppen für die Humanmedizin als kritisch zu bewerten. Über die abgegebenen Mengen wird vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Bericht erstattet:

Externer Link:www.bvl.bund.de/Abgabemengen2015

Diese Entwicklung deckt sich mit Ergebnissen aus dem BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Forschungsprojekt VetCAb-Sentinel (Veterinary Consumption of Antibiotics), das die Tierärztliche Hochschule Hannover durchführt. So sank die Anzahl der Tage, an denen Mastschweine antibiotisch behandelt wurden, von etwa fünf Tagen pro Stallplatz und Halbjahr im Jahr 2011 auf etwa einen Tag pro Stallplatz und Halbjahr im Jahr 2014. Die Daten zeigen, dass es bezüglich Antibiotika eine Veränderung im Verordnungsverhalten der deutschen Tierärzte gegeben hat. Welche Faktoren zu dieser Veränderung geführt haben, soll in den kommenden Jahren untersucht werden.

Die Entscheidung über die Anwendung von Tierarzneimitteln liegt in jedem Einzelfall bei dem Tierarzt, der den Tierbestand betreut oder vom Landwirt mit der Behandlung von kranken Tieren beauftragt wird. Von der Bundestierärztekammer wurden zuletzt 2015 aktualisierte „Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln“ veröffentlicht:

Externer Link:http://www.bundestieraerztekammer.de/downloads/btk/leitlinien/Antibiotika-Leitlinien_01-2015.pdf

Tierarzt und Landwirt müssen die Behandlung von Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, dokumentieren und die Dokumentation über mehrere Jahre aufbewahren.

Bakterien können gegen bestimmte Antibiotika unempfindlich sein, man spricht dann von Antibiotika-Resistenz. Das bedeutet, dass solche Bakterien in Gegenwart von bisher hemmenden oder abtötenden Substanzen nicht mehr oder ungenügend im Wachstum beeinflusst werden. Bakterien haben vielfältige Mechanismen entwickelt, um unempfindlich (resistent) gegenüber Antibiotika zu werden.

Infektionen durch resistente Bakterien sind schwieriger zu therapieren, siekönnen dadurch länger dauern und schwerer verlaufen.

Generell können in oder auf einer Vielzahl von Lebensmitteln resistente Keime vorkommen.

Im Rahmen der Lebensmittelgewinnung können resistente Keime aus der Nutztierhaltung auf die gewonnenen Lebensmittel, z. B. auf Fleisch oder Milch, übertragen werden. Durch Hitzebehandlung (Kochen, Backen, Braten oder auch Pasteurisieren) werden die Keime abgetötet.

Experimentelle Untersuchungen zeigen, dass hohe Keimzahlen während der Verarbeitung von Fleisch auf Küchenutensilien übergehen können. Der Eintrag von resistenten Keimen über rohes Fleisch in den Privathaushalt kann bei mangelnder Küchenhygiene dazu führen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher resistente Keime aufnehmen, wenn beispielsweise Keime von rohem Fleisch, z. B. durch Nutzen desselben Geschirrs oder durch Kontakt mit demselben Besteck, auf Salat übertragen werden.

Es ist davon auszugehen, dass der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung zur Resistenzentwicklung und insbesondere zur Ausbreitung von resistenten Keimen beiträgt.

Studienergebnisse zeigen, dass Erreger, die im Stall nachgewiesen werden, entlang der Lebensmittelkette verschleppt werden und über belastetes Fleisch in Privathaushalte gelangen können.

Es liegen allerdings bisher keine gesicherten Analysen vor, welchen Anteil der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung an der Verbreitung von Resistenzen beim Menschen hat.

Um eine weitere Zunahme von Resistenzen zu verhindern, sollte der Antibiotika-Einsatz nach Auffassung des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung auf das unbedingt notwendige therapeutische Maß begrenzt werden. Anstrengungen, die Tiere gesund zu erhalten, damit keine Behandlung erforderlich ist, sollten hierbei im Vordergrund stehen.

In der Folge der Minimierungsmaßnahmen haben viele Tierhalter und Tierärzte Anstrengungen unternommen, um den Einsatz in ihrem Verantwortungsbereich zu reduzieren, was zu einer deutlichen Reduktion der Abgabe von antimikrobiellen Substanzen an Tierärzte beigetragen hat.

Seit April 2014 müssen Halter von Masttieren aufgrund des geänderten Arzneimittelgesetzes (16. AMG-Novelle) ab einer bestimmten Bestandsgröße Angaben zum Antibiotikaeinsatz in ihrem Bestand melden. Betriebe, die deutlich mehr Antibiotika anwenden als Vergleichsbetriebe, müssen Maßnahmen ergreifen, um den Einsatz zu reduzieren. Ziel des gesetzlich verankerten Minimierungskonzeptes ist eine dauerhafte Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Nutztierhaltung.

Grundsätzlich unterscheiden sich die Maßnahmen, die Verbraucher zum Schutz vor resistenten Keimen auf Lebensmitteln ergreifen können, nicht von denen gegenüber anderen Keimen, z. B. Krankheitserregern wie Salmonellen oder Campylobacter. Auch vor Keimen, die gegen Antibiotika resistent sind, bieten Hygienemaßnahmen bei Transport, Lagerung und Zubereitung der Speisen Schutz. So sollte beispielsweise rohes Fleisch vor dem Verzehr mindestens zwei Minuten lang auf 70 Grad Celsius erhitzt werden. Beim Umgang mit rohem Fleisch sollte sorgfältig darauf geachtet werden, dass die Keime nicht durch die Hände oder Gegenstände (z. B. Messer, Schneidbretter) auf andere Lebensmittel übertragen werden.

Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung hat das Merkblatt „Verbrauchertipps: Schutz vor Lebensmittelinfektionen im Privathaushalt“ veröffentlicht, in dem die wichtigsten Hygieneregeln für den Umgang mit Lebensmitteln zusammengefasst sind. Die Ausführungen in diesem Merkblatt gelten gleichermaßen für resistente wie für empfindliche Keime:

http://www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps_schutz_vor_lebensmittelinfektionen_im_privathaushalt.pdf

Zudem hat das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung zum Thema Küchenhygiene den Videoclip „Was tun mit dem Huhn?“ veröffentlicht:

Externer Link:http://www.bfr.bund.de/de/was_tun_mit_dem_huhn_-191706.html?current_page=1

Rückstände von Antibiotika können in allen Lebensmitteln, die vom Tier gewonnen werden, wie Fleisch, Eier, Milch etc., enthalten sein, wenn die Tiere mit Antibiotika behandelt worden sind. Wenn ein Tier Arzneimittel erhalten hat, dürfen von diesem Tier innerhalb einer festgelegten Wartezeit keine Lebensmittel in den Handel gebracht werden. Bei einer bestimmungsgemäßen Anwendung von Arzneimitteln in der Tiermast sind in den Lebensmitteln nach Ablauf dieser Wartefrist keine gesundheitlich bedenklichen Mengen an Rückständen vorhanden.

Das gesundheitliche Risiko für Verbraucher durch den Verzehr von Lebensmitteln ist im Hinblick auf Arzneimittelrückstände gering. Die Festlegung einer Rückstandshöchstmenge in Lebensmitteln ist eine Voraussetzung für die Zulassung eines Arzneimittels zur Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren. Die Rückstandshöchstmengen für Arzneimittel in Lebensmitteln werden im Rahmen des Zulassungsverfahrens festgelegt.

Eine Übersicht über die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen der Überwachungsbehörden nach dem nationalen Rückstandskontrollplan (NRKP) stellt jährlich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zur Verfügung:

Externer Link:http://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/08_nrkp_erkp/nrkp2013_bericht.pdf?__blob=publicationFile&v=11

Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung nimmt regelmäßig eine Bewertung dieser Ergebnisse vor und stellt diese der Öffentlichkeit zur Verfügung:

http://www.bfr.bund.de/cm/343/ergebnisse-des-nationalen-rueckstandskontrollplanes-und-des-einfuhrueberwachungsplanes-von-2013-belegen-hohes-mass-an-sicherheit-bei-lebensmitteln-tierischer-herkunft.pdf

Eine Rückstandshöchstmenge ist die Menge einer Substanz, die in einem Lebensmittel enthalten sein darf. Von dieser Menge darf kein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher ausgehen.

In Deutschland überprüfen die Behörden der Lebensmittelüberwachung in den Bundesländern die Einhaltung der Rückstandshöchstmengen. Werden Rückstandshöchstmengen überschritten, darf das Lebensmittel nicht verkauft werden.

Grundsätzlich dürfen auch Tiere in der ökologischen Tierhaltung mit Antibiotika behandelt werden, allerdings gibt es hier weitergehende Regelungen im Rahmen einer EU-Verordnung und einiger Richtlinien der verschiedenen Verbände der ökologischen Landwirtschaft. Derzeit gibt es keine belastbaren Zahlen zum Antibiotikaeinsatz in der ökologischen Tierhaltung.

Generell dürfen in Lebensmitteln für den Verzehr keine Rückstände vorhanden sein, die die Gesundheit des Verbrauchers beeinträchtigen können. Eine Inaktivierung der eingesetzten Stoffe oder ihrer Abbauprodukte würde bei Erhitzung nicht unbedingt erfolgen. Der Grad der Inaktivierung hängt von der Art des Stoffes ab.