Trifluoressigsäure (TFA): Bewertung für Einstufung in neue Gefahrenklassen vorgelegt Deutsche Behörden bewerten TFA als fortpflanzungsgefährdend, sehr persistent und sehr mobil
Die Bundesstelle für Chemikalien (BfC) an der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist die zuständige Behörde in Deutschland für die europäische Chemikalienverordnung REACH und die CLP-Verordnung zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe. In Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt (UBAkurz fürUmweltbundesamt) und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) hat die BfC entsprechendes Dossier nach der CLP-Verordnung zur Harmonisierung der Gefahreneinstufung von Trifluoressigsäure (TFA) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHAkurz fürEuropäische Chemikalienagentur) eingereicht. TFA zählt zur Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS). Da der Stoff nach Einschätzung der deutschen Behörden fortpflanzungsgefährdende (reproduktionstoxische) sowie umweltkritische Stoffeigenschaften besitzt, ist er entsprechend einzustufen. Derzeit laufen Konsultation und fachliche Bewertung des deutschen Vorschlages.
Seit TFA im Jahr 2016 im Trinkwasser der Neckarregion nachgewiesen wurde, befassen sich die Behörden intensiv und fachübergreifend mit diesem Stoff. TFA stammt nicht nur aus großen Industrieanlagen, sondern wurde in den Jahren 2016 und 2017 auch als Abbauprodukt verschiedener Pflanzenschutzmittelwirkstoffe identifiziert. Zudem ist bekannt, dass bestimmte fluorierte Treibhausgase, wie das Kältemittel R1234yf, in der Atmosphäre teils vollständig zu TFA abbauen. In deutschen Gewässern wird TFA seit Jahren detektiert – Tendenz steigend.
„Die harmonisierte Einstufung ist ein wichtiges Instrument in der Gefahrenkommunikation und Basis für das Risikomanagement. Mit unserem Vorschlag schaffen wir eine wichtige Grundlage, um Einträge dieser persistenten und bedenklichen Chemikalie in die Umwelt und damit verbundene Risiken zu reduzieren“, sagt Dr. Kerstin Heesche-Wagner, Leiterin der Bundestelle für Chemikalien.
Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung bewertet TFA als fortpflanzungsgefährdend. Die vorgeschlagene offizielle Gefahrenklasse heißt „Reproduktionstoxisch, Kategorie 1B“ mit den Gefahrenhinweisen H360Df: „Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen“. Bei dieser Einstufung gilt es zu beachten, dass es sich zunächst um eine reine Gefahreneinstufung handelt. Sie sagt zunächst nichts über tatsächliche Gesundheitsrisiken aus, denn hierfür ist auch die aufgenommene Menge des Stoffes entscheidend.
„Der toxikologische Effekt wurde im Tiermodell erst bei TFA-Konzentrationen nachgewiesen, die deutlich oberhalb der Gehalte in der Umwelt liegen. Derzeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen deshalb nicht zu erwarten, wenn mit TFA belastetes Wasser oder Nahrungsmittel verzehrt werden“, sagt BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung-Präsident Professor Andreas Hensel. „Die neue Einstufung ist ein wichtiger Schritt zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, damit dies auch in Zukunft so bleibt.“
Das UBAkurz fürUmweltbundesamt bewertet TFA als sehr langlebig (persistent) und sehr mobil (englisch: very persistent, very mobile - vPvM). Stoffe mit vPvM-Eigenschaften werden in der Umwelt schwer abgebaut und binden kaum an Sedimente oder Aktivkohlefilter. Die Trinkwasseraufbereitung kann solche Stoffe nur mit hohem technischem Aufwand entfernen. Die neue Gefahrenklasse wurde auf Initiative des UBAkurz fürUmweltbundesamt erst 2023 zum Schutz der Trinkwasserressourcen in das europäische Chemikalienrecht mit dem Gefahrenhinweis EUH451: "Kann sehr lang anhaltende und diffuse Verschmutzung von Wasserressourcen verursachen" eingeführt. UBAkurz fürUmweltbundesamt-Präsident Dirk Messner hält die harmonisierte Gefahreneinstufung für dringend notwendig: „Die Zahl und Mengen der Chemikalien, die zu TFA abbauen, steigen stetig. Die Einträge in die Umwelt müssen schnellstmöglich gesenkt werden, damit Umwelt und Trinkwasserressourcen nachhaltig geschützt werden.“
Die neue Datenlage zu TFA hat Einfluss auf viele nationale und europäische Anwendungsbereiche. So werden etwa die Zulassungen von TFA-bildenden Pflanzenschutzmitteln überprüft. TFA-Einträge aus der Landwirtschaft könnten sich dadurch deutlich verringern. Auch TFA-Einträge aus Kältemitteln könnten schnell reduziert werden, da bereits marktreife Alternativen wie Kohlenwasserstoffe, Kohlendioxid, Ammoniak oder Luft verfügbar sind.
Wie geht es nun mit dem deutschen Vorschlag zur Harmonisierung der Einstufung weiter?
Die ECHAkurz fürEuropäische Chemikalienagentur hat das deutsche Dossier zur harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung (CLH) jetzt veröffentlicht, welches innerhalb einer Frist von sechs Wochen kommentiert werden kann. Danach diskutiert der wissenschaftliche Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der ECHAkurz fürEuropäische Chemikalienagentur das Dossier der deutschen Behörden und die eingegangenen Kommentare. Innerhalb einer Frist von 18 Monaten wird die Stellungnahme des RAC an die EU-Kommission übergeben, die einen entsprechenden Verordnungsentwurf zur Anpassung der CLP-Verordnung (Verordnung zur Anpassung an den technischen Fortschritt, ATP) erstellt.
Weitere Informationen
- ECHAkurz fürEuropäische Chemikalienagentur-Seite mit laufender CLH-Konsultation Externer Link: zur Seite
- UBAkurz fürUmweltbundesamt-Hintergrundpapier 2021 „Chemikalieneintrag in Gewässer vermindern – Trifluoracetat (TFA) als persistente und mobile Substanz mit vielen Quellen“ Externer Link: zum Hintergrundpapier
Über das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
Über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Die BAuA ist eine Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des BMAS. Sie betreibt Forschung, berät die Politik und fördert den Wissenstransfer im Themenfeld Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Zudem erfüllt die Einrichtung hoheitliche Aufgaben im Chemikalienrecht und bei der Produktsicherheit. An den Standorten Dortmund, Berlin und Dresden arbeiten rund 750 Beschäftigte.
Über das Umweltbundesamt (UBAkurz fürUmweltbundesamt)
Das Umweltbundesamt ist Deutschlands zentrale Umweltbehörde. Das UBAkurz fürUmweltbundesamt kümmert sich darum, dass es in Deutschland eine gesunde Umwelt gibt, in der Menschen so weit wie möglich vor schädlichen Umwelteinwirkungen, wie Schadstoffen in Luft oder Wasser, geschützt leben können. Daten über den Zustand der Umwelt zu erheben, Zusammenhänge zu erforschen, Prognosen für die Zukunft zu erstellen und mit diesem Wissen die Bundesregierung, wie etwa das Bundesumweltministerium, für ihre Politik zu beraten, ist sein Auftrag.