Erhitzen macht Milch zu einem sicheren Lebensmittel Verzehr unbehandelter Rohmilch kann Infektionen hervorrufen
Unbehandelte Milch, sogenannte Rohmilch, kann mit Keimen wie Salmonellen, Escherichia coli (E. Coli) oder Campylobacter verunreinigt sein. Diese können eine Lebensmittelinfektion hervorrufen und insbesondere Säuglingen, Kleinkindern oder Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, wie beispielsweise schwangere und ältere Mitmenschen, gefährlich werden. Um das Infektionsrisiko zu verringern, sollte Rohmilch vor dem Verzehr erhitzt werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sie direkt beim Erzeuger erworben wurde. Verpackte, im Handel erworbene Rohmilch, so genannte Vorzugsmilch, wird bei der Gewinnung und Verarbeitung streng auf Keime kontrolliert, was das Infektionsrisiko senkt. Für besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen sollte aber auch Vorzugsmilch vor dem Verzehr erhitzt werden.
Rohmilch kann von Rindern, Schafen oder Ziegen stammen und zeichnet sich dadurch aus, dass sie nach dem Melken unbehandelt direkt ab Hof an Verbraucherinnen und Verbraucher abgegeben wird, zum Beispiel über sogenannte Milchtankstellen. Sie wird also vor dem Verkauf nicht homogenisiert und – wesentlich wichtiger – nicht pasteurisiert wie herkömmliche Frisch- oder H-Milch. Ohne die Pasteurisierung, bei der die Milch für eine gewisse Zeit erhitzt wird, überleben potentielle Krankheitserreger in der Milch.
Dass Milch überhaupt Keime – harmlose wie krankmachende – enthält, ist kaum zu vermeiden. Schließlich leben die Tiere nicht in einer sterilen Umgebung, sondern im Freiland oder Stall, wo Keime natürlicherweise weit verbreitet sind. Sie können beim Melken oder der Verarbeitung der Milch in diese gelangen. Zudem können infizierte Tiere Keime mit der Milch ausscheiden, auch wenn sie selbst nicht sichtbar erkrankt sind.
Mit Blick auf die gesundheitlichen Risiken beim Verzehr von Rohmilch sind insbesondere Darmkeime wie Salmonella oder E. coli von Bedeutung. Sie können beim Menschen teils schwere Durchfallerkrankungen oder Darmentzündungen hervorrufen. Infektionen mit Shiga-Toxin bildenden E. coli (STECkurz fürShigatoxin-bildende E. coli) können zum Beispiel ein sogenanntes hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) auslösen, das bei Kindern zu Nierenversagen führen kann. Laut dem Zoonose-Monitoring 2019 wurden in knapp 5 Prozent der untersuchten Rohmilch-Proben solche Keime nachgewiesen. Mit dem Durchfall-Erreger Campylobacter waren 2,5 Prozent der Proben belastet. Auch spätere Untersuchungen, beispielsweise durch das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), erbrachten regelmäßig den Nachweis verschiedener krankmachender Keime. Grundsätzlich können auch Viren wie z. B. das FSME-Virus (Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus) von infizierten Tieren in die Milch gelangen, auch wenn Infektionen des Menschen nach dem Verzehr von entsprechend verunreinigter Milch nur in sehr seltenen Fällen vorkommen.
Zum Schutz vor diesen Infektionen ist die Abgabe von Rohmilch in Deutschland grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme gibt es bei der Abgabe von Milch „direkt ab Hof“. Hier müssen die erzeugenden Betriebe Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Notwendigkeit des Erhitzens vor dem Verzehr hinweisen.
Anders sieht es bei sogenannter Vorzugsmilch aus - abgepackter Rohmilch aus besonders kontrollierten Betrieben, die auch im Einzelhandel erhältlich ist. Für ihre Gewinnung und Behandlung gelten strenge Vorschriften, etwa mikrobiologische Kontrollen der Milch. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Infektion im Vergleich zu Rohmilch aus herkömmlichen Betrieben reduziert ist. Ausgeschlossen ist sie aber nicht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung) empfiehlt daher für besonders empfindliche Bevölkerungsgruppen, auch Vorzugsmilch vor dem Verzehr zu erhitzen. Dazu gehören Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, ältere Menschen und Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen (Immunschwäche).
Als Grund für den Verzehr von Rohmilch wird gelegentlich angegeben, diese sei gesünder, etwa weil sie einen höheren Vitamingehalt besitze als pasteurisierte Milch oder weil sie gesundheitsfördernde Bakterien („Probiotika“) enthalte. Viele der vermeintlichen Vorteile sind wissenschaftlich allerdings nicht belegt bzw. widerlegt oder spielen aus Sicht des BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung angesichts der gesundheitlichen Risiken eine allenfalls untergeordnete Rolle. Durch die Pasteurisierung von Milch kommt es beispielsweise nur zu einer geringen Abnahme der
B-Vitamine (ca. 10 %), Mineralstoffe und Milchfette bleiben unverändert. Diese geringen Unterschiede im Vitamingehalt sind aufgrund der hierzulande insgesamt guten Nährstoffversorgung für die Vitamin-Versorgung unerheblich.
Wichtig zu wissen: Nachteilige gesundheitliche Auswirkungen der Pasteurisierung sind dem BfRkurz fürBundesinstitut für Risikobewertung nach heutigem Stand des Wissens nicht bekannt – und auch wenn die potentiell krankmachenden Keime abgetötet werden, bleibt pasteurisierte Milch ein natürliches Lebensmittel, das reich an natürlichen und wertvollen Inhaltsstoffen ist.