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Exposure of Children to Pesticides - Risikoabschätzung heute
B/2001, 27.09.2001
Hintergrundinformationen für die Presse
Die Gefährlichkeit (Toxizität) von Stoffen, einschließlich der Pestizide, kann recht gut und zuverlässig abgeschätzt werden. Diese Schätzungen basieren in der Regel auf Tierversuchen, deren Ergebnisse dann auf den Menschen extrapoliert werden. Bei der Extrapolation sind spezielle Gruppen in der Bevölkerung zu berücksichtigen. Als besonders empfindliche und daher schützenswerte Gruppe in der Bevölkerung werden die Kinder angesehen.
Derzeit wird der Situation bei Kindern in den verschiedenen Ländern unterschiedlich Rechnung getragen. Einige der Bewertungsstellen verwenden einen generellen "Kinderfaktor" von "2". Ob dieser Faktor dem jeweiligen Stoff und seiner Anwendungssituation angemessen ist, ist derzeit noch offen. Denn zum einen wird darin nicht berücksichtigt, ob der Organismus von Kindern mit den Substanzen anders umgeht als der Organismus eines Erwachsenen, ob er etwa empfindlicher reagiert oder ob womöglich das Gegenteil der Fall ist, dass er nämlich besser damit zurechtkommt.
Für die Risikoabschätzung greift man deshalb auf Erkenntnisse aus benachbarten Fachgebieten zurück. So ist aus der Pharmakokinetik, also der Art und Weise, wie arzneiliche Wirkstoffe vom Körper behandelt werden, bekannt, dass der Organismus von Kindern im Säuglingsalter Wirkstoffe langsamer abbaut, während im Kindergartenalter die Kinder einen schnelleren Stoffwechsel aufweisen und schneller ausscheiden als Erwachsene. Es ist anzunehmen, dass dies für Chemikalien, Pestizide eingeschlossen, genau so zutrifft.
Der zweite Teil der Risikoabschätzung ist die Menge des Stoffs, mit welcher ein Kind oder ein Erwachsener in Kontakt kommt. Wissenschaftlich spricht man hier von Exposition.
Ein Risiko, das ist die Erkenntnis der modernen Toxikologie, kann demnach nur realistisch abgeschätzt und bewertet werden, wenn beide Faktoren, also die Giftigkeit und die Exposition, angemessen für jeden einzelnen Stoff in die Bewertung einfließen. Es sind zwar etliche Modelle für die Exposition entwickelt worden, mit denen eine Abschätzung des Risikos vorgenommen werden kann, das für Kinder von Schädlingsbekämpfungsmitteln und Pflanzenschutzmitteln ausgeht. Aber diese Modelle sind nicht ausreichend durch Daten abgesichert. Es gibt nur wenige Studien, in denen Expositionen bei Kindern empirisch erhoben wurden und in die Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln einflossen.
Auf dem Workshop "Exposure of Children to Pesticides" sollen die Erfahrungen, die auf dem Gebiet der Risikoabschätzung für Kinder insbesondere in den USA und in Europa vorliegen, vorgestellt werden. In Arbeitsgruppen wird dann diskutiert, welche Modelle im Rahmen des Risk Assessment hilfreich sein können. Dies geschieht vor dem Hintergrund der besonderen Belange der Dokumentation der Daten und deren statistischer Beschreibung.
Für den besonderen Fall der Exposition von Kindern steht als bedeutsamer Faktor das unterschiedliche Verhalten von Kindern und Erwachsenen und die daraus resultierende unterschiedliche Exposition gegenüber potentiell schädlichen Stoffen zur Debatte. Kinder bewegen sich viel am Boden, sie stecken Dinge in den Mund, lecken ihre Hände ab und nehmen damit auch belastetes Erdreich, Spielsand oder Staub oral auf. Außerdem toben sie viel herum und nehmen damit unter Umständen auch mehr Schadstoffe über die Atemluft auf (Beispiel Ozon, Hausstaub etc.) als Erwachsene, die körperlich weniger aktiv sind. Wie diese aus dem Verhaltenen abgeleitete andere Exposition in die Modelle zur Risikoabschätzung bei Kindern integriert werden kann, wird ebenfalls Gegenstand der Arbeit sein.
Sicher ist, dass bei der Abschätzung von Risiken der Exposition ein stärkeres Gewicht beigemessen werden muss. Sinnvolle risikomindernde Maßnahmen können nur auf einer wissenschaftlich fundierten Expositionsabschätzung betroffener Gruppen, zum Beispiel von Kindern, beruhen.
Dieser Workshop ist ein Beitrag des BgVV und des UBA zum Schwerpunkt "Kinder" des Aktionsprogramms Umwelt und Gesundheit des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und des Bundesministeriums für Gesundheit und wird mit Mitteln des Umweltforschungsplans unterstützt.