Table of Contents Table of Contents
Previous Page  62 / 112 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 62 / 112 Next Page
Page Background

BfR

|

Jahresbericht 2015

60

BfR-Studie zu 3-MCPD und

3-MCPD-Fettsäureestern

Bei der Herstellung von Lebensmitteln durch Erhitzen

können unerwünschte Stoffe entstehen. Dazu gehört

auch das 3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD), das

sich bilden kann, wenn fett- und gleichzeitig salzhaltige

Lebensmittel hohen Temperaturen ausgesetzt werden.

Zahlreiche Lebensmittelprodukte sind davon betroffen,

zum Beispiel Back- und Räucherwaren, Kaffee, Konser-

ven, Babynahrung oder Kartoffelprodukte. Ergebnisse

aus Tierstudien zeigen, dass 3-MCPD bei männlichen

Ratten Unfruchtbarkeit verursacht und in der Niere und

den Hoden eine krebserzeugende Wirkung hat. Deshalb

wurde für diese Substanz von der EFSA eine akzeptier-

te tägliche duldbare Dosis von 0,8 µg/kg Körpergewicht

abgeleitet, die längerfristig nicht überschritten werden

sollte.

2007 wurden in einer Reihe von Lebensmitteln, darunter

Margarine, Öle, Säuglingsanfangsnahrung und Soja-

sauce, erstmalig 3-MCPD-Fettsäureester nachgewiesen.

Diese Substanzen entstehen vor allem bei der industriel-

len Aufreinigung von Fetten und Ölen. Da zu diesem Zeit-

punkt kaum Informationen zur Toxikologie der 3-MCPD-

Fettsäureester verfügbar waren, haben das BfR und die

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)

eine Reihe von Untersuchungen veranlasst, um abschät-

zen zu können, ob von diesen Substanzen zusätzlich zur

Muttersubstanz 3-MCPD ein zusätzliches Risiko für Ver-

braucherinnen und Verbraucher ausgehen kann. In einer

von der Universität Parma durchgeführten 90-Tage-Fütte-

rungsstudie mit Ratten wurden die Effekte von 3-MCPD

mit denen eines 3-MCPD-Fettsäureesters verglichen. Da-

bei wurde nachgewiesen, dass der Dipalmitatester des

3-MCPD ähnliche, aber schwächere Veränderungen in

den Geweben der Zielorgane Niere und Hoden hervor-

ruft als 3-MCPD selbst. In verschiedenen, durch das BfR

in vitro

und

in vivo

initiierten Studien zeigte sich, dass das

in Form der Ester an Fettsäuren gebundene 3-MCPD wei-

testgehend im Darm freigesetzt wird und diese zusätzli-

che Menge an 3-MCPD bei der Risikobewertung berück-

sichtigt werden muss.

Um Einblicke in die biochemischen Wirkungen und Me-

chanismen der durch diese Substanzen in den Organen

in einem frühen Stadium hervorgerufenen Veränderungen

und die damit verknüpften Stoffwechselveränderungen in

Leber, Niere und Hoden erhalten zu können, wurden in

einer 28-Tage-Fütterungsstudie mit Ratten durch den Ein-

satz einer Proteomics-Methode komplexe Proteinmuster-

veränderungen in verschiedenen Organen vergleichend

untersucht. Hier zeigte sich, ähnlich wie bei der zuvor

durchgeführten 90-Tages-Studie, dass 3-MCPD und des-

sen Dipalmitat ähnliche molekularbiologische Verände-

rungen in Leber, Niere und Hoden auslösten. Dabei wa-

ren vor allem der Kohlenhydrat- und der Fettstoffwechsel

betroffen. Da die auf molekularer, biochemischer Ebene

erhaltenen Daten die Ergebnisse aus klassischen Tierstu-

dien bestärken, darf man nun umso sicherer sein, dass

die schädliche Wirkung der 3-MCPD-Fettsäureester wei-

testgehend durch die während des Verdauungsprozesses

freigesetzte Grundsubstanz 3-MCPD bestimmt wird. Die

erzielten Ergebnisse wurden in Fachzeitschriften veröffent-

licht und in der aktuell bei der EFSA überarbeiteten Risiko-

bewertung von 3-MCPD berücksichtigt.

i

Weitere Informationen zu 3-MCPD-Fettsäureestern in

Lebensmitteln unter:

www.bfr.bund.de > A-Z Index > Monochlorpropandiol (3-MCPD)

Informationen zur Forschung zum Einsatz von Gen- und

Proteinexpressionsanalysen in der Risikobewertung unter:

www.bfr.bund.de > Forschung > Forschungsschwerpunkte > Risikoerkennung, Risikofrüherkennung und Risikominimierung

Chemische Struktur von 3-Monochlorpropan-1,2-diol

(3-MCPD, A) und 3-MCPD-2-Palmitat (B).

Das Rechteck markiert den über eine Esterbindung

(Sauerstoffmolekül O) an 3-MCPD gebundenen

Fettsäurerest.

Durch Erhitzen können bei der Herstellung von Lebens-

mitteln unerwünschte Stoffe entstehen.

H

H

O

O

O

O

O

H

CI

CI

(A)

(B)