BfR
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Jahresbericht 2015
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BfR-Studie zu 3-MCPD und
3-MCPD-Fettsäureestern
Bei der Herstellung von Lebensmitteln durch Erhitzen
können unerwünschte Stoffe entstehen. Dazu gehört
auch das 3-Monochlorpropan-1,2-diol (3-MCPD), das
sich bilden kann, wenn fett- und gleichzeitig salzhaltige
Lebensmittel hohen Temperaturen ausgesetzt werden.
Zahlreiche Lebensmittelprodukte sind davon betroffen,
zum Beispiel Back- und Räucherwaren, Kaffee, Konser-
ven, Babynahrung oder Kartoffelprodukte. Ergebnisse
aus Tierstudien zeigen, dass 3-MCPD bei männlichen
Ratten Unfruchtbarkeit verursacht und in der Niere und
den Hoden eine krebserzeugende Wirkung hat. Deshalb
wurde für diese Substanz von der EFSA eine akzeptier-
te tägliche duldbare Dosis von 0,8 µg/kg Körpergewicht
abgeleitet, die längerfristig nicht überschritten werden
sollte.
2007 wurden in einer Reihe von Lebensmitteln, darunter
Margarine, Öle, Säuglingsanfangsnahrung und Soja-
sauce, erstmalig 3-MCPD-Fettsäureester nachgewiesen.
Diese Substanzen entstehen vor allem bei der industriel-
len Aufreinigung von Fetten und Ölen. Da zu diesem Zeit-
punkt kaum Informationen zur Toxikologie der 3-MCPD-
Fettsäureester verfügbar waren, haben das BfR und die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
eine Reihe von Untersuchungen veranlasst, um abschät-
zen zu können, ob von diesen Substanzen zusätzlich zur
Muttersubstanz 3-MCPD ein zusätzliches Risiko für Ver-
braucherinnen und Verbraucher ausgehen kann. In einer
von der Universität Parma durchgeführten 90-Tage-Fütte-
rungsstudie mit Ratten wurden die Effekte von 3-MCPD
mit denen eines 3-MCPD-Fettsäureesters verglichen. Da-
bei wurde nachgewiesen, dass der Dipalmitatester des
3-MCPD ähnliche, aber schwächere Veränderungen in
den Geweben der Zielorgane Niere und Hoden hervor-
ruft als 3-MCPD selbst. In verschiedenen, durch das BfR
in vitro
und
in vivo
initiierten Studien zeigte sich, dass das
in Form der Ester an Fettsäuren gebundene 3-MCPD wei-
testgehend im Darm freigesetzt wird und diese zusätzli-
che Menge an 3-MCPD bei der Risikobewertung berück-
sichtigt werden muss.
Um Einblicke in die biochemischen Wirkungen und Me-
chanismen der durch diese Substanzen in den Organen
in einem frühen Stadium hervorgerufenen Veränderungen
und die damit verknüpften Stoffwechselveränderungen in
Leber, Niere und Hoden erhalten zu können, wurden in
einer 28-Tage-Fütterungsstudie mit Ratten durch den Ein-
satz einer Proteomics-Methode komplexe Proteinmuster-
veränderungen in verschiedenen Organen vergleichend
untersucht. Hier zeigte sich, ähnlich wie bei der zuvor
durchgeführten 90-Tages-Studie, dass 3-MCPD und des-
sen Dipalmitat ähnliche molekularbiologische Verände-
rungen in Leber, Niere und Hoden auslösten. Dabei wa-
ren vor allem der Kohlenhydrat- und der Fettstoffwechsel
betroffen. Da die auf molekularer, biochemischer Ebene
erhaltenen Daten die Ergebnisse aus klassischen Tierstu-
dien bestärken, darf man nun umso sicherer sein, dass
die schädliche Wirkung der 3-MCPD-Fettsäureester wei-
testgehend durch die während des Verdauungsprozesses
freigesetzte Grundsubstanz 3-MCPD bestimmt wird. Die
erzielten Ergebnisse wurden in Fachzeitschriften veröffent-
licht und in der aktuell bei der EFSA überarbeiteten Risiko-
bewertung von 3-MCPD berücksichtigt.
i
Weitere Informationen zu 3-MCPD-Fettsäureestern in
Lebensmitteln unter:
www.bfr.bund.de > A-Z Index > Monochlorpropandiol (3-MCPD)Informationen zur Forschung zum Einsatz von Gen- und
Proteinexpressionsanalysen in der Risikobewertung unter:
www.bfr.bund.de > Forschung > Forschungsschwerpunkte > Risikoerkennung, Risikofrüherkennung und RisikominimierungChemische Struktur von 3-Monochlorpropan-1,2-diol
(3-MCPD, A) und 3-MCPD-2-Palmitat (B).
Das Rechteck markiert den über eine Esterbindung
(Sauerstoffmolekül O) an 3-MCPD gebundenen
Fettsäurerest.
Durch Erhitzen können bei der Herstellung von Lebens-
mitteln unerwünschte Stoffe entstehen.
H
H
O
O
O
O
O
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CI
CI
(A)
(B)