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BfR

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Jahresbericht 2015

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Hormonaktive Substanzen in Lebensmitteln

Hormonell wirksame Substanzen können als natürliche

Inhaltsstoffe in verschiedenen Lebensmitteln vorkom-

men. Beispiele dafür sind Hormone in Milch oder Fleisch

sowie Phytoöstrogene. Zu den Phytohormonen zählen

das in Hopfen gebildete 8-Prenylnaringenin in Bier, be-

stimmte Polyphenole in Wein oder Isoflavone in Soja.

Solche Inhaltsstoffe werden Nahrungsergänzungsmitteln

mitunter in isolierter Form zugesetzt.

Auch 2015 wurde das BfR mit der Bewertung gesund-

heitlicher Risiken durch Hormone bzw. hormonaktive

Substanzen in Lebensmitteln beauftragt. Da Hormone

als körpereigene Botenstoffe zur Regulation von Stoff-

wechselvorgängen gebildet werden, enthalten Fleisch

und Milch natürlicherweise Hormone. In Kuhmilch fin-

det man im Vergleich zu Muskelfleisch von Schlacht-

tieren, zu Fisch oder zu Eiern höhere natürliche Gehal-

te an Östrogenen und Progesteron. In Fleisch können

die natürlichen Hormongehalte beträchtlich variieren.

So weist das Fleisch von unkastrierten Jungebern bei-

spielsweise deutlich höhere Gehalte an dem weiblichen

Geschlechtshormon 17

β

-Östradiol und dem männlichen

Steroidhormon Nandrolon auf als das Fleisch von kas-

trierten Tieren. Es wird jedoch nur eine kleine Menge der

in Lebensmitteln enthaltenen Hormone vom Körper auf-

genommen und dort weiter verstoffwechselt. Auch sind

die zu erwartenden aufgenommenen Hormonmengen im

Vergleich zur natürlichen Eigensynthese dieser Hormone

beim Menschen als gering anzusehen. Daher lassen die

derzeit vorliegenden Daten zu natürlichen Hormonquel-

len in Lebensmitteln, wie zum Beispiel Fleisch und Milch,

gegenwärtig keine Gesundheitsrisiken erkennen.

Isoflavone sind pflanzliche Inhaltsstoffe, die zum Beispiel

in Soja oder Rotklee vorkommen. Da sie im Körper eine

(schwache) östrogene Wirkung ausüben können, wer-

den sie auch als Phytoöstrogene bezeichnet. Nahrungs-

ergänzungsmittel, teilweise auch diätetische Lebensmittel,

mit isolierten bzw. angereicherten Isoflavonen werden in

Deutschland zur Linderung von Wechseljahresbeschwer-

den angeboten. Die Europäische Behörde für Lebensmit-

telsicherheit (EFSA) lehnte gesundheitsbezogene Anga-

ben (Health Claims) für Isoflavone bisher ab. Bereits 2007

kam das BfR zu dem Schluss, dass für Frauen in der Zeit

um und nach der Menopause insbesondere die längerfris-

tige Einnahme von höheren Isoflavonmengen nicht ohne

Risiko ist. 2015 legte die EFSA eine aktuelle Risikobewer-

tung für die genannte Zielgruppe vor. Die wesentlichen Er-

gebnisse der wissenschaftlichen Stellungnahme der EFSA

hat das BfR im Rahmen einer Mitteilung für Verbrauche-

rinnen und Verbraucher verständlich erläutert: Auf Basis

der berücksichtigten Humanstudien und der darin ver-

wendeten Präparate, Dosierungen und Einnahmedauer

liegen keine Hinweise auf unerwünschte Wirkungen von

isolierten Isoflavonen auf die weibliche Brustdrüse, Ge-

bärmutter und Schilddrüse für Frauen nach der Menopau-

se vor. Die EFSA schlägt auf Basis der relevanten Studien

Orientierungswerte für die als hinreichend sicher anzuse-

hende Verwendung von isoflavonhaltigen Präparaten vor

(beispielsweise maximal 100 mg pro Tag für die Dauer von

längstens 10 Monaten für Sojaisoflavone und -extrakte so-

wie maximal 43,5 mg pro Tag für längstens 3 Monate bei

Rotklee). Das BfR befürwortet, diese Orientierungswerte

für Frauen nach der Menopause nicht zu überschreiten

und vorläufig ebenfalls für Frauen um die Menopause

herum zu übernehmen, bis ausreichend Daten für diese

Verbraucherinnengruppe vorliegen, die eine abschlie-

ßende Bewertung ermöglichen. Frauen mit einer östro-

genabhängigen (Krebs-)Erkrankung der Brustdrüse oder

der Gebärmutter in der Vorgeschichte oder mit einer ent-

sprechenden aktuellen Diagnose ist die Einnahme solcher

Präparate nicht zu empfehlen. Da das Vorliegen solcher

Erkrankungen im Einzelfall möglicherweise nicht bekannt

ist, kann es erforderlich sein, vor der Einnahme isoflavon-

haltiger Präparate ärztlichen Rat einzuholen.

Zusätze von isolierten körpereigenen Steroiden finden

sich mitunter in Nahrungsergänzungsmitteln, wie zum

Beispiel das anabole Prohormon Dehydroepiandrosteron

(DHEA). Diese Substanz kann im menschlichen Körper

sowohl in männliche Geschlechtshormone wie das Tes-

tosteron, aber auch in weibliche Geschlechtshormone

wie das 17

β

-Östradiol umgewandelt werden. Studien

zeigen, dass bereits 25 mg DHEA pro Tag vor allem bei

postmenopausalen Frauen zu Veränderungen des kör-

pereigenen Hormonspiegels führen können. Überdies

können klinisch erkennbare Hormonwirkungen wie zum

Beispiel Akne bei bestimmten Bevölkerungsgruppen auf-

treten. Darüber hinaus ist unklar, ob DHEA das Wachs-

tum hormonabhängiger Brust- oder Prostatatumoren be-

einflusst. Das BfR empfiehlt daher, auf die Anwendung

von Steroidhormonen – wie DHEA mit seiner Wirkung als

Prohormon – ohne ärztliche Aufsicht und ohne medizini-

sche Indikation zu verzichten.

i

Weitere Informationen zu Isoflavonen unter:

www.bfr.bund.de > A-Z Index > Isoflavone

Isoflavone sind pflanzliche Inhaltsstoffe,

die zum Beispiel in Soja vorkommen.