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BfR

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Jahresbericht 2015

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Resistenz gegen Colistin ist übertragbar

Resistenzen gegen Antibiotika sind seit vielen Jahren

ein wichtiges Arbeitsfeld des BfR. Insbesondere die Er-

forschung von Mechanismen und Faktoren, die für die

Übertragung von resistenten Keimen vom Tier über das

Lebensmittel zum Menschen verantwortlich sind, ist für

den gesundheitlichen Verbraucherschutz wichtig. Denn

eine Antibiotikaresistenz kann zu Einschränkungen bei

der Therapie von Infektionen des Menschen führen. Lö-

sen resistente Keime eine Erkrankung aus, sind sie mög-

licherweise schwerer zu therapieren. Grundsätzlich sind

antibiotikaresistente Keime aber für den Menschen nicht

krankmachender als Erreger ohne diese Eigenschaft.

Manche können ihre Resistenzgene allerdings auf ande-

re Krankheitserreger oder auf die Bakterien der mensch-

lichen Keimflora übertragen.

Ein Arbeitsschwerpunkt des BfR ist es, die Verbreitung

von Resistenzen gegen solche Antibiotika zu erforschen,

die für die Therapie beim Menschen von besonderer Be-

deutung sind. Neu im Fokus war hierbei die Resistenz

gegen Colistin, ein Polypeptidantibiotikum aus der Grup-

pe der Polymyxine. Colistin wird in der Humanmedizin

selten eingesetzt, weil es nicht gut verträglich ist. Seine

Bedeutung liegt in der Behandlung von schweren Infek-

tionen mit gramnegativen Keimen, die gegen die meisten

üblicherweise eingesetzten Antibiotika einschließlich der

Carbapeneme resistent sind. Diese Behandlungen sind

bisher nur selten erforderlich, weil die Zahl solcher In-

fektionen in Deutschland begrenzt ist. In der Tiermedizin

hat Colistin eine erhebliche Bedeutung; es wird insbe-

sondere zur Therapie von Magen-Darm-Infektionen bei

Nutztieren eingesetzt.

>>

Die Übertragbarkeit der Colistinresistenz unterstreicht die

Notwendigkeit einer Beschränkung des Antibiotikaeinsatzes

auf das therapeutisch notwendige Maß.

Die Resistenz gegen Colistin ist grundsätzlich nicht neu;

sie wird seit Jahren bei Bakterienisolaten von Tieren be-

schrieben. Bisher war man jedoch davon ausgegangen,

dass es sich um eine nicht übertragbare Resistenz han-

delt, die fest im Chromosom einzelner Bakterien verankert

ist. 2015 wurde nun von einem chinesischen Forscher-

team über ein Gen für die Colistinresistenz berichtet, das

auf einem Plasmid liegt und so von Keim zu Keim über-

tragen werden kann. Dieses Gen trägt den Namen

mcr-1

.

Untersuchungen am BfR zeigten, dass dieses Gen bereits

seit einigen Jahren in Keimen von Nutztieren und Lebens-

mitteln vorkommt. Das Vorkommen einer Colistin-Resistenz

wird seit 2011 systematisch beobachtet. Die höchsten An-

teile Colistin-resistenter Keime wurden dabei in

E. coli

von

Geflügel nachgewiesen, bei

E. coli-

Isolaten von Rind und

Schwein ist diese Resistenz seltener. Die Mehrzahl dieser

Colistin-resistenten Isolate trug das Resistenzgen

mcr-1

.

Gezielte Untersuchungen in anderen Ländern zeigten,

dass dieses Resistenzgen bei Tieren und Lebensmitteln

weit verbreitet ist, aber beim Menschen selten nachgewie-

sen werden kann.

Da Bakterien die Resistenz gegen Colistin an andere Bak-

terienarten weitergeben können, könnten Verbraucherin-

nen und Verbraucher theoretisch über Lebensmittel oder

durch den direkten Kontakt mit Tieren Bakterien aufneh-

men, die diese Resistenzeigenschaft haben. Daher muss

mit weiteren vertiefenden Untersuchungen geprüft wer-

den, wie häufig dieses Gen tatsächlich übertragen wird,

auf welche Keime diese Übertragung erfolgt und wie sich

die Resistenz ausbreiten kann.

Diese neue Entwicklung unterstreicht einmal mehr die

Notwendigkeit einer Beschränkung des Antibiotikaein-

satzes auf das unbedingt therapeutisch notwendige Maß.

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Das BfR hat Fragen und Antworten zum Antibiotikum

Colistin und zur übertragbaren Colistin-Resistenz

veröffentlicht:

www.bfr.bund.de > Fragen und Antworten > Lebensmittelsicherheit