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BfR

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Jahresbericht 2015

74

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln:

Verarbeitungsfaktoren müssen

berücksichtigt werden

Auch wenn zugelassene Pflanzenschutzmittel sachge-

recht und bestimmungsgemäß angewendet werden, um

Pflanzen vor Schaderregern zu schützen, können Rück-

stände im Erntegut und in den daraus gewonnenen Le-

bens- und Futtermitteln verbleiben. Um sicherzustellen,

dass Rückstände die Gesundheit von Verbraucherinnen

und Verbrauchern nicht schädigen, erarbeitet das BfR

Vorschläge für Rückstandshöchstgehalte. Die maximal

zulässigen Rückstandshöchstgehalte von Pestiziden sind

in der Europäischen Union nur für landwirtschaftliche

Rohprodukte gesetzlich geregelt (Anhänge der Verord-

nung [EG] Nr. 396/2005). Viele dieser Produkte werden

aber von Verbraucherinnen und Verbrauchern nach einer

vorherigen Verarbeitung verzehrt. Solche Prozesse, zum

Beispiel das Mahlen von Weizenkörnern oder die Her-

stellung von Apfelsaft, können die chemische Natur und

die Höhe der Rückstände verändern. Sowohl Anreiche-

rungen als auch Verringerungen der Rückstände können

in den verschiedenen Verarbeitungsprodukten analytisch

bestimmt werden, beispielsweise in Kleie und Mehl bei

Weizen oder in Trester und Saft bei Äpfeln. Das Verhält-

nis der Rückstandskonzentration im verarbeiteten Produkt

zu der im Ausgangsprodukt wird als Verarbeitungsfaktor

bezeichnet. Die Höhe dieses Faktors hängt nicht nur von

der Art des Verarbeitungsprozesses ab, sondern auch

von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des

Pestizidwirkstoffs. Verarbeitungsfaktoren sind einerseits

für die Abschätzung der gesundheitlichen Risiken, die

von Pestizidrückständen in verarbeiteten Lebensmitteln

ausgehen können, von Bedeutung, andererseits bilden

sie eine wichtige Informationsquelle für die amtliche Le-

bensmittelüberwachung. Auch wenn die gesetzlichen

Rückstandshöchstgehalte nur für Rohprodukte festge-

setzt werden, gelten sie auch für die daraus hergestell-

ten, verarbeiteten Erzeugnisse – und zwar unter Berück-

sichtigung der Verarbeitungsfaktoren. Nur mithilfe dieser

Informationen lässt sich bei der Beprobung verarbeiteter

Produkte abschätzen, ob auch das Ausgangsmaterial

den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die EU-Verord-

nung sieht die Veröffentlichung von Verarbeitungsfakto-

ren in einem eigenen Anhang vor, der aber bisher noch

nicht erstellt wurde.

Im Rahmen der Bewertung von Pestizidwirkstoffen und

der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müssen Antrag-

steller den Bewertungsbehörden auch Verarbeitungsstu-

dien vorlegen. In diesen Studien werden aus im Labor

simulierten Prozessen Verarbeitungsfaktoren abgeleitet.

Um die Informationen aus diesen Studien auch interes-

sierten Kreisen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen zu

können, haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR

alle vorliegenden Studien nach strengen Kriterien hinsicht-

lich ihrer Zuverlässigkeit ausgewertet und circa 6.300 ab-

geleitete Faktoren zu 193 Wirkstoffen in einer Datenbank

auf der Website des BfR veröffentlicht. Neben den abge-

leiteten Faktoren kann für jede einzelne Studie auch das

Ergebnis des „Qualitäts-Checks“ durch das BfR transpa-

rent nachvollzogen werden. Dieser betrifft alle wichtigen

Studienparameter, die die Zuverlässigkeit der Ergebnisse

bestimmen. Zu solchen Qualitätskriterien zählen unter

anderem die Eignung der verwendeten analytischen Me-

thode und die Lagerstabilität der Proben. Abhängig von

der Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse werden die Studien

in drei Kategorien eingeordnet. Daneben werden auch

die Inhalte der Prüfvorschriften, nach denen die Studien

durchführt wurden, mit Blick auf die Ergebnisse kritisch

hinterfragt und Anregungen zur Verbesserung der Labor-

studien gegeben. Beispielsweise sollten die simulierten

Verarbeitungsprozesse weitgehender standardisiert und

Bezeichnungen von Verarbeitungsfraktionen harmonisiert

werden – 34 solcher Standard-Prozessabläufe wurden

bereits vorgeschlagen.

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Weitere Informationen zu Verarbeitungsfaktoren unter:

www.bfr.bund.de > A-Z Index > Verarbeitungsfaktoren

Container-Begasung und Rückstände

volatiler Toxine in Produkten

Im internationalen Güterverkehr werden zum Schutz an-

fälliger Ware vielfach gasförmige Schädlingsbekämp-

fungsmittel eingesetzt. Die transportierten Waren werden

meist direkt im Container behandelt. Dabei beträgt die

Einwirkzeit der Begasungsmittel in der Regel zwischen

24 und 72 Stunden. Durch illegale Begasung oder un-

zureichende Belüftung kann es jedoch zu weitaus län-

geren Einwirkzeiten kommen. Verwendet werden Biozide

wie zum Beispiel Methylbromid, Phosphorwasserstoff,

Sulfuryldifluorid oder 1,2-Dichlorethan, die sich generell

durch eine sehr hohe Toxizität sowohl für Schadorganis-

Zum Schutz anfälliger Ware werden in Containern vielfach

gasförmige Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt.