BfR
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Jahresbericht 2015
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Rückstände von Pflanzenschutzmitteln:
Verarbeitungsfaktoren müssen
berücksichtigt werden
Auch wenn zugelassene Pflanzenschutzmittel sachge-
recht und bestimmungsgemäß angewendet werden, um
Pflanzen vor Schaderregern zu schützen, können Rück-
stände im Erntegut und in den daraus gewonnenen Le-
bens- und Futtermitteln verbleiben. Um sicherzustellen,
dass Rückstände die Gesundheit von Verbraucherinnen
und Verbrauchern nicht schädigen, erarbeitet das BfR
Vorschläge für Rückstandshöchstgehalte. Die maximal
zulässigen Rückstandshöchstgehalte von Pestiziden sind
in der Europäischen Union nur für landwirtschaftliche
Rohprodukte gesetzlich geregelt (Anhänge der Verord-
nung [EG] Nr. 396/2005). Viele dieser Produkte werden
aber von Verbraucherinnen und Verbrauchern nach einer
vorherigen Verarbeitung verzehrt. Solche Prozesse, zum
Beispiel das Mahlen von Weizenkörnern oder die Her-
stellung von Apfelsaft, können die chemische Natur und
die Höhe der Rückstände verändern. Sowohl Anreiche-
rungen als auch Verringerungen der Rückstände können
in den verschiedenen Verarbeitungsprodukten analytisch
bestimmt werden, beispielsweise in Kleie und Mehl bei
Weizen oder in Trester und Saft bei Äpfeln. Das Verhält-
nis der Rückstandskonzentration im verarbeiteten Produkt
zu der im Ausgangsprodukt wird als Verarbeitungsfaktor
bezeichnet. Die Höhe dieses Faktors hängt nicht nur von
der Art des Verarbeitungsprozesses ab, sondern auch
von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des
Pestizidwirkstoffs. Verarbeitungsfaktoren sind einerseits
für die Abschätzung der gesundheitlichen Risiken, die
von Pestizidrückständen in verarbeiteten Lebensmitteln
ausgehen können, von Bedeutung, andererseits bilden
sie eine wichtige Informationsquelle für die amtliche Le-
bensmittelüberwachung. Auch wenn die gesetzlichen
Rückstandshöchstgehalte nur für Rohprodukte festge-
setzt werden, gelten sie auch für die daraus hergestell-
ten, verarbeiteten Erzeugnisse – und zwar unter Berück-
sichtigung der Verarbeitungsfaktoren. Nur mithilfe dieser
Informationen lässt sich bei der Beprobung verarbeiteter
Produkte abschätzen, ob auch das Ausgangsmaterial
den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die EU-Verord-
nung sieht die Veröffentlichung von Verarbeitungsfakto-
ren in einem eigenen Anhang vor, der aber bisher noch
nicht erstellt wurde.
Im Rahmen der Bewertung von Pestizidwirkstoffen und
der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müssen Antrag-
steller den Bewertungsbehörden auch Verarbeitungsstu-
dien vorlegen. In diesen Studien werden aus im Labor
simulierten Prozessen Verarbeitungsfaktoren abgeleitet.
Um die Informationen aus diesen Studien auch interes-
sierten Kreisen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen zu
können, haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR
alle vorliegenden Studien nach strengen Kriterien hinsicht-
lich ihrer Zuverlässigkeit ausgewertet und circa 6.300 ab-
geleitete Faktoren zu 193 Wirkstoffen in einer Datenbank
auf der Website des BfR veröffentlicht. Neben den abge-
leiteten Faktoren kann für jede einzelne Studie auch das
Ergebnis des „Qualitäts-Checks“ durch das BfR transpa-
rent nachvollzogen werden. Dieser betrifft alle wichtigen
Studienparameter, die die Zuverlässigkeit der Ergebnisse
bestimmen. Zu solchen Qualitätskriterien zählen unter
anderem die Eignung der verwendeten analytischen Me-
thode und die Lagerstabilität der Proben. Abhängig von
der Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse werden die Studien
in drei Kategorien eingeordnet. Daneben werden auch
die Inhalte der Prüfvorschriften, nach denen die Studien
durchführt wurden, mit Blick auf die Ergebnisse kritisch
hinterfragt und Anregungen zur Verbesserung der Labor-
studien gegeben. Beispielsweise sollten die simulierten
Verarbeitungsprozesse weitgehender standardisiert und
Bezeichnungen von Verarbeitungsfraktionen harmonisiert
werden – 34 solcher Standard-Prozessabläufe wurden
bereits vorgeschlagen.
i
Weitere Informationen zu Verarbeitungsfaktoren unter:
www.bfr.bund.de > A-Z Index > VerarbeitungsfaktorenContainer-Begasung und Rückstände
volatiler Toxine in Produkten
Im internationalen Güterverkehr werden zum Schutz an-
fälliger Ware vielfach gasförmige Schädlingsbekämp-
fungsmittel eingesetzt. Die transportierten Waren werden
meist direkt im Container behandelt. Dabei beträgt die
Einwirkzeit der Begasungsmittel in der Regel zwischen
24 und 72 Stunden. Durch illegale Begasung oder un-
zureichende Belüftung kann es jedoch zu weitaus län-
geren Einwirkzeiten kommen. Verwendet werden Biozide
wie zum Beispiel Methylbromid, Phosphorwasserstoff,
Sulfuryldifluorid oder 1,2-Dichlorethan, die sich generell
durch eine sehr hohe Toxizität sowohl für Schadorganis-
Zum Schutz anfälliger Ware werden in Containern vielfach
gasförmige Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt.