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Schwerpunktthemen 2015
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Glyphosat
Begleitende Diskussionen zur Wirkstoffgenehmigung
Im Juni 2015 berichteten Medien über Funde von Glyphosat in 16 Mut-
termilchproben und bezeichneten diese Messergebnisse als „sehr be-
sorgniserregend“. Insbesondere verunsicherte Mütter fragten daraufhin
beim BfR an, ob Stillen weiterhin bedenkenlos zu empfehlen sei. Das
BfR äußerte wissenschaftliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Er-
gebnisse, da der verwendete ELISA-Test nicht für einen Nachweis von
Muttermilch geeignet ist und die angeblichen Befunde um etwa den
Faktor 200 niedriger lagen als die vom Hersteller des Tests noch als zu-
verlässig angegebene Bestimmungsgrenze. Das BfR beauftragte daher
europaweit renommierte Forschungslabore, zwei unabhängige Analy-
severfahren mit hoher Sensitivität zu entwickeln und damit 114 Mutter-
milchproben aus Niedersachsen und Bayern zu untersuchen. Beide
Verfahren wurden neu entwickelt und können Glyphosatrückstände in
Muttermilch ab einem Nanogramm (ng = ein Milliardstel Gramm) pro
Milliliter (mL) genau bestimmen (Bestimmungsgrenze). Damit sind diese
Analyseverfahren mehr als zehnmal empfindlicher als die üblicherweise
zur Analyse von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln an-
gewandten Verfahren und 75-mal empfindlicher als die ELISA-Methode
(laut Angaben des Herstellers). Wie vom BfR aufgrund der physikalisch-
chemischen Eigenschaften von Glyphosat erwartet, wurden in keiner
der untersuchten Muttermilchproben Rückstände des Pflanzenschutz-
mittelwirkstoffs Glyphosat oberhalb der Nachweisgrenze gemessen.
Damit bestätigten die Ergebnisse der BfR-Studie, dass Mütter sich nicht
verunsichern lassen und wie bisher stillen sollten.
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Weitere Informationen zu Glyphosat:
www.bfr.bund.de > A-Z Index > GlyphosatWeitere Informationen bei WHO und JMPR:
www.who.int/foodsafety/faq/en www.who.int/foodsafety/areas_work/ chemical-risks/jmpr/enGefahreneinstufung von Glyphosat
Als Konsequenz aus den laufenden Diskussionen hat das BfR
zu den kanzerogenen Eigenschaften von Glyphosat eine regu-
läre Überprüfung der Legaleinstufung nach der CLP-Verord-
nung (Regulation on Classification, Labelling and Packaging
of Substances and Mixtures) auf europäischer Ebene initiiert.
Entscheidungen nach dieser Verordnung sind als einzige ver-
bindliche Rechtsvorschrift für die Einstufung und Kennzeichnung
von Stoffen und Gemischen heranzuziehen. Die Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat als die in Deutsch-
land zuständige Behörde einen Vorschlag zur Änderung der
Legaleinstufung für Glyphosat in Abstimmung mit den zuständi-
gen deutschen Behörden (UBA, BVL und BAuA) erarbeitet und
an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) übersandt:
>
Schwere Augenschädigung Kategorie 1, H318:
„Verursacht schwere Augenschäden“.
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Spezifische Zielorgantoxizität bei wiederholter Exposition
Kategorie 2, H373: „Kann die Organe schädigen bei längerer
oder wiederholter Exposition“.
>
Langfristig gewässergefährdend Kategorie Chronisch 2, H411:
„Giftig für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung“.