BfR
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Jahresbericht 2015
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Gefahrenidentifizierung durch die IARC und
Risikobewertung durch das BfR
Die „Gefahrenidentifizierung“ durch die IARC stellt den ersten Schritt
des Verfahrens zur „Risikobewertung“ dar. Die Einstufung eines Stof-
fes als karzinogene Gefahr kann ein wichtiger Hinweis dafür sein, dass
ein bestimmtes Maß an Exposition, zum Beispiel durch Beruf, Umwelt
oder Lebensmittel, zu einem erhöhten Krebsrisiko führen könnte. Mit
der Risikobewertung für Pestizidrückstände in Lebensmitteln, wie sie
die Gemeinsame FAO/WHO-Sitzung für Pestizidrückstände (Joint FAO/
WHO Meeting on Pesticide Residues, JMPR) durchführt, wird nach der
Bestimmung des Risikograds eine unbedenkliche Zufuhrmenge festge-
legt. Da die Gefahrenidentifizierung durch die IARC auch eine zusätzli-
che Grundlage für die Risikobewertung im Genehmigungsverfahren der
EU sein kann, hat das BfR empfohlen, das europäische Genehmigungs-
verfahren zu verlängern. Daraufhin hat die Europäische Kommission die
Frist zur Einreichung des Bewertungsberichts verschoben. Nach Veröf-
fentlichung der IARC-Monografie im Juli 2015 hat das BfR diese geprüft
und seine Bewertung in einem Addendum zum überarbeiteten Bewer-
tungsbericht im September 2015 vorgelegt.
Sowohl die IARC als auch das BfR haben die epidemiologischen Stu-
dien zu Glyphosat mit „limited evidence“ (begrenzter Beweiskraft) in
Bezug auf die kanzerogenen Eigenschaften von Glyphosat bewertet.
Bei den tierexperimentellen Industriestudien weicht die Bewertung der
IARC teilweise von der des BfR ab. Dies erklärt sich unter anderem da-
durch, dass die Bewertung des BfR auf den Originalstudien der durch-
führenden Labore der Antragsteller basiert. Dagegen beruht die IARC-
Bewertung nicht auf den Originalstudien, sondern auf publizierten
Auswertungen Dritter, wie zum Beispiel der US-amerikanischen Agentur
für Umweltschutz (US-EPA, Environmental Protection Agency) oder des
JMPR (Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residue) der WHO. Die
Originaldaten der unveröffentlichten Herstellerstudien lagen der IARC
dagegen nicht vor. Dadurch kommt die IARC bei ihren Sekundäraus-
wertungen teilweise zu Schlussfolgerungen, die den Primärbewertun-
gen, wie zum Beispiel der US-EPA oder auch des JMPR der WHO, wi-
dersprechen. Das BfR hat eine wesentlich umfassendere Datenbasis
von insgesamt elf Langzeitstudien an Ratten und Mäusen im Hinblick
>>
Mit
›
Gefahr
‹
werden Eigenschaften eines Stoffes an sich
beschrieben. Ein
›
Risiko
‹
besteht jedoch erst dann, wenn
der Mensch mit einem gefährlichen Stoff überhaupt in
Kontakt kommt.