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Jahresbericht 2015
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EU-weit gilt, dass die Verfütterung von
verarbeiteten tierischen Proteinen an
Nutztiere grundsätzlich verboten ist –
es gibt jedoch auch Ausnahmen.
Tierisches Protein in Futtermitteln
Allein in Deutschland fallen pro Jahr rund drei Millionen Tonnen tieri-
scher Nebenprodukte aus Schlachtung und Produktion an. Die deut-
sche Fleischwirtschaft verzeichnet jährlich 30 Milliarden Euro Umsatz.
Tierische Abfälle müssen fachgerecht entsorgt werden; EU-weit gilt zu-
dem, dass die Verfütterung von verarbeiteten tierischen Proteinen (VTP)
an sämtliche Nutztiere, vom Rind bis zum Fisch, grundsätzlich verbo-
ten ist. Zusätzlich besagt eine „Anti-Kannibalismus“-Regel, dass keine
Tierart wieder an dieselbe verfüttert werden darf. Diese Regeln haben
wesentlich dazu beigetragen, die Erkrankung BSE (bovine spongiforme
Enzephalopathie) bei Rindern wirkungsvoll zu kontrollieren und die Fall-
zahlen zu minimieren.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen vom strengen Verfütterungsverbot.
Proteine aus Milch und Eiern, die nicht mit Prionen, den Erregern von
BSE, belastet sein können, sowie Fisch-, Blut- oder Tiermehle von Nicht-
wiederkäuern sind unter bestimmten Bedingungen als Tierfutter zuge-
lassen. Die Liste der Verbote und Ausnahmen ist je nach Tierart oder
-gruppe und Verwendungszweck äußerst komplex.
Daneben ist die Verarbeitung tierischer Proteine für Futtermittelzwecke
streng geregelt. Die Hitze- und Druckbedingungen in den vorgeschrie-
benen Verfahren verändern die Proteinstruktur. So ist die Standardver-
arbeitung von tierischem Protein bei einer Kerntemperatur von 133 °C
und einem Druck von 3 bar für mindestens 20 Minuten durchzuführen.
Die dadurch erfolgten Veränderungen der Proteine stellen die Analytik
vor große Herausforderungen: Lässt sich bei derartig hoch verarbei-
teten Produkten noch feststellen, von welcher Tierart sie ursprünglich
stammen? Und ist es möglich, verbotenes VTP von erlaubtem Milch-
pulver zu unterscheiden?
In der Europäischen Union sind derzeit zwei analytische Verfahren per
Gesetz vorgegeben: Mittels einer einfachen lichtmikroskopischen Me-
thode wird anhand von hitzeresistenten Partikeln (zum Beispiel Haare,
Knochensplitter oder Schuppen) festgestellt, ob sich überhaupt VTP in
einem Futtermittel befindet. Eine präzise Unterscheidung nahe verwand-
ter Tierarten kann dieses Verfahren allerdings nicht leisten. Der Nach-
weis von verbotenem Wiederkäuerprotein erfolgt dann über ein DNA-
analytisches Verfahren. Hierbei wird in der Polymerasekettenreaktion
(PCR) eine wiederkäuerspezifische Gensequenz detektiert. Dennoch:
Die Unterscheidung von verbotenem und erlaubtem Wiederkäuerpro-
tein wie beispielsweise Milch versus Tiermehl aus Rindern allein mittels
PCR ist analytisch unmöglich, denn DNA ist in beidem nachweisbar.
Im Futtermittelbereich kommen als analytische Alternativen proteinba-
sierte Verfahren infrage, mithilfe derer sowohl die Tierart als auch die Art
des Gewebes identifiziert werden können.
Proteinspots in Geflügelmehlextrakten
im 2-D-Elektrophoresegel. Einzelne
Spots werden aus dem Gel „gepickt“,
im Massenspektrometer untersucht und
die Proteine anhand von Datenbanken
identifiziert. Ausschließlich Geflügel-
spezifische Proteine sind für ein spezi-
fisches Nachweissystem von Nutzen.