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Genuss ohne Reue: Tipps für den Umgang mit Wildfleisch

01/2006, 05.01.2006

Neues europäisches Lebensmittelhygienerecht nimmt Jäger stärker in die Pflicht

Wildfleisch wird immer beliebter. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland steigt kontinuierlich an. Wer Wildbret ohne Reue genießen will, muss sich darauf verlassen können, dass bei der Gewinnung und Verarbeitung grundlegende Hygieneregeln eingehalten worden sind. Wie jedes andere Fleisch kann nämlich auch Wildbret Keime und Parasiten enthalten, die eine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher darstellen können. Erst im November erkrankten sechs Teilnehmer einer Jagdgemeinschaft an der Hasenpest. Sie hatten sich am Ausweiden der Tiere beteiligt. Eine weitere Person erlag der bakteriellen Infektionskrankheit. Zum Schutz der Verbraucher nimmt der Gesetzgeber ab sofort die Jäger verstärkt in die Pflicht: Mit dem Inkrafttreten des neuen europäischen Lebensmittelhygienerechts am 1. Januar dieses Jahres sind sie zu Lebensmittelunternehmern geworden und tragen damit einen Großteil der Verantwortung für die Sicherheit des Wildfleisches. Das BfR hat die wichtigsten Aspekte zusammengestellt, auf die Jäger bei der Gewinnung von Wildfleisch achten müssen.

Am 1. Januar 2006 ist das so genannte „Lebensmittelhygienepaket“ als EU-einheitliches Regelwerk in Kraft getreten. Es überträgt die Verantwortung für die Sicherheit der hergestellten Lebens- und Futtermittel auf allen Stufen der Herstellung auf den Produzenten. Beim Wildfleisch trägt damit bereits der Jäger Verantwortung für die hygienische Sicherheit seines Produkts – er wird zum „Lebensmittelunternehmer“. Als Verantwortlicher für die Lebensmittelsicherheit muss er die Anforderungen des allgemeinen Lebensmittelrechts beachten. So muss zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein. Es gilt das Prinzip „Einen Schritt nach vorn und einen Schritt zurück“. Der Wildhändler etwa muss belegen können, von welchem Jäger und aus welcher Gegend er Wild bezogen und an wen er was geliefert hat.

Mit den neuen Pflichten des Lebensmittelhygienepakets müssen Jäger auch „betriebliche“ Eigenkontrollen nach dem Hazard Analysis and Critical Control Point (HACCP)- System durchführen und hygienisch kritische Punkte im Herstellungsprozess definieren. Die dafür notwendige Dokumentation der ordnungsgemäßen Herstellung eines Lebensmittels kann bei einem Erkrankungsfall von großer Bedeutung sein.

Detaillierte Angaben zu den Hygieneregeln enthält die EG-Verordnung 853/2004. Danach muss mindestens eine Person einer Jagdgesellschaft als „kundige Person“ über Kenntnisse auf dem Gebiet der Wildpathologie sowie der Produktion und Behandlung von Wildbret verfügen. Diese Person muss den Wildkörper und die ausgenommenen Eingeweide auf Merkmale gesundheitlicher Bedenklichkeit hin untersuchen. Die Entnahme der Eingeweide und die Untersuchung müssen so bald wie möglich nach dem Erlegen erfolgen. Werden keine „bedenklichen Merkmale“ gefunden, wird dem erlegten Wild eine entsprechende Erklärung mit Datum, Zeitpunkt und Ort beigefügt.

Wildkörper müssen nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne auf mindestens 7°C abgekühlt und der Kontakt der Wildkörper untereinander während des Transports zur Weiterverarbeitung vermieden werden. Wildlebendes Kleinwild wie Hasen, Kaninchen oder Wildgeflügel, das über einen Weiterverarbeitungsbetrieb in Verkehr gebracht werden soll, muss nach dem Erlegen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne als Ganzes auf mindestens 4°C abgekühlt und nach dem Eintreffen in der Weiterverarbeitung umgehend ausgenommen werden.

Wie wichtig konsequente lebensmittelhygienische Maßnahmen sind, lässt sich besonders eindrucksvoll am Beispiel der Trichinen belegen: Die Trichinellose ist eine durch einen Muskelparasiten ausgelöste Krankheit, die auch beim Wildschwein vorkommen kann. Über rohes Fleisch können die Larven auf den Menschen übertragen werden und dort zu schweren Krankheitsverläufen bis hin zum Tode führen. Nur 167 der rund 3,7 Millionen Wildschweine, die zwischen 1991 und 2004 einer amtlichen Fleischuntersuchung unterzogen wurden, waren von Trichinen befallen. Eine so niedrige Befallsrate wird nur bei lückenloser Kontrolle erkannt und der Verbraucher vor infiziertem Fleisch geschützt.

Ein weiteres Gesundheitsrisiko, das Wildfleisch bergen kann, ist die Hasenpest oder Tularämie. Sie wird durch ein Bakterium ausgelöst, mit dem Wildtiere in Deutschland infiziert sein können. Die Krankheit tritt vorwiegend bei Hasen, Kaninchen und anderen Nagern auf – aber auch Rehe, Schwarzwild oder Haustiere können infiziert sein. Der Mensch kann sich beim direkten Kontakt mit erlegten, infizierten Tieren anstecken. Die Erkrankung geht mit Fieber und Lymphknotenschwellungen einher, kann aber auch zum Tode führen, wie der jüngste Fall aus Hessen zeigt.

Neben diesen spektakulären Krankheitserregern können Wildtiere natürlich – wie jedes Haustier – auch Salmonellen, Campylobacter oder Yersinien übertragen. Neben der Hygiene im Herstellungsprozess sollte deshalb auch die Küchenhygiene strikt eingehalten werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Homepage www.bfr.bund.de unter dem Menupunkt Lebensmittel/Lebensmittel-sicherheit/Mikrobielle Risiken.

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Information

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Datum Titel Größe
02.01.2006
Information Nr. 01/2006 des BfR
Tipps für Jäger zum Umgang mit Wildfleisch 52.5 KB
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