Beratungskommissionen mit betroffenen Bürgern
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Die vorwiegende Aufgabe von Beratungskommissionen ist es, Informationen, Argumente
und Empfehlungen an Entscheidungsträger weiterzuleiten. Gelegentlich dienen
sie auch als Mittler zwischen Behörden und allgemeiner Öffentlichkeit.
Mitglieder von Kommissionen werden meist von einer staatlichen Institution
berufen. Die Berufung erfolgt in der Regel aufgrund der vermuteten Sachkenntnis
des jeweiligen Mitgliedes oder seiner Stellung in einer sozialen Gruppe oder
politischen Organisation. In Einzelfällen werden auch allgemeine Vertretende
der Öffentlichkeit in diese Gremien berufen. Nahezu alle politischen Institutionen,
die sich mit Umwelt, Verbraucher- und Gesundheitsschutz befassen, nehmen die
Hilfe von Beratungskommissionen in Anspruch. Im Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzbereich
werden neben reinen Expertinnen- und Expertengremien auch Kommissionen aus Industrie,
Konsumentenverbänden, oder aus Vertretenden anderer Interessengruppen
gebildet. Diese Laien-Kommissionen sind vor allem in den USA, aber auch in der
Schweiz beliebt.
Der besondere Vorzug von Beratungsgremien besteht darin, dass die Mitglieder
weitgehend autonom den Stil der Verhandlung und die Entscheidungsregeln bestimmen
können. Abgesehen von ihrem Mandat steht es ihnen auch frei, ihre Tagesordnung
selbst aufzustellen, eine Moderation für ihre Tagungen zu bestimmen und
das Arbeitspensum zu definieren.
Das Hauptproblem der Kommissionen ist ihre Zusammensetzung. Meistens werden
Kommissionen auf Einladung der ausführenden Behörde gegründet.
Die Behörde ist aus nahe liegenden Gründen daran interessiert, nur
solche Berater zu berufen, die im Grundsatz mit der behördlichen Politik
übereinstimmen. Darüber hinaus tritt bei institutionalisierten Beratungsgremien
ein Angleichungseffekt auf. Jemand, der über lange Zeit eine bestimmte
Institution berät, identifiziert sich mehr und mehr mit den Zielen und
Aufgaben dieser Institution. Daran ist im Prinzip nichts auszusetzen, nur die
Einbeziehung neuer Erkenntnisse und Interpretationen (siehe BSE) bleibt dabei
meist auf der Strecke. Schließlich ist jede Kommission auf das Wohlwollen
der Institution, die sie einberufen hat, angewiesen. Obwohl in der Praxis Manipulationsversuche
selten sind und sich in den meisten politischen Bereichen kontraproduktiv auswirken,
kann die einberufende Institution über Budgetentscheidungen, Funktionsdefinition
und Einberufungszyklus indirekt großen Einfluss auf die Arbeit der jeweiligen
Kommission ausüben. Meist werden auch die Moderatorinnen oder Moderatoren
dieser Beratungsgremien von den Behörden gestellt oder zumindest ausgesucht.
Aus diesen Gründen sind in einigen Ländern Kommissionen eingerichtet
worden, die unabhängig von bestimmten Institutionen ihre Aufgaben eigenverantwortlich
wahrnehmen können.
Somit sind Beratungskommissionen im Prinzip fähig, neue Vorschläge
in die Diskussion einzubringen und in eigener Initiative Problemlösungen
zu erarbeiten. Allerdings gibt es hierfür oft keine Anreize, und die beaufsichtigende
Behörde mag eine solche Selbstbindung auch nicht schätzen. Das Kriterium
einer fairen Repräsentanz aller betroffenen Gruppen ist in der Regel verletzt,
weil nicht alle Betroffenen gleichen Zugang zu den Beratungsgremien haben. Beratungsgremien
können demnach einen wichtigen Baustein in einem Bewertungsprozess für
Risiken darstellen, es bedarf jedoch noch zusätzlicher Bauelemente, um
die Potentiale dialogorientierter Kommunikation besser auszuschöpfen.