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Potentielle Krankheitskeime in Milch jetzt besser nachweisbar!

03/1996, 12.02.1996

BgVV stellt der Lebensmittelüberwachung diagnostisches Stufenprogramm zur Verfügung

Escherichia coli-Keime sind weit verbreitet und kommen im Darmtrakt von Warmblütern natürlich vor. Als Lebensmittelinfektionserreger waren sie in der Vergangenheit von untergeordneter Bedeutung. In den letzten Jahren wird jedoch weltweit zunehmend eine E. coli-Untergruppe aus Lebensmitteln isoliert, die dem Verbraucher gefährlich werden kann: Enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) können schon in geringer Anzahl ernste Erkrankungen verursachen und neben blutigem Durchfall, bei Kleinkindern und Menschen mit geschwächtem Immunsystem, das sogenannte "Hämolytisch Urämische Syndrom" (HUS) auslösen. Mit dem HUS-Syndrom kann eine dauerhafte Schädigung der Nieren einhergehen; in 10 % der Fälle verläuft es tödlich. Als Hauptinfektionsquelle gelten rohes oder unzureichend durchgegartes Rindfleisch und rohe oder unzureichend erhitzte Milch. Mitarbeiter des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, BgVV, haben jetzt ein einheitliches diagnostisches Stufenprogramm entwickelt, das einen qualitativen Nachweis der Keime in Milch mit hoher Sicherheit gewährleistet. Es wird den Untersuchungsämtern der Bundesländer über das Bundesministerium für Gesundheit zur Verfügung gestellt.

Der Nachweis von EHEC in Lebensmitteln ist schwierig. Das neu entwickelte diagnostische Stufenverfahren macht sich die Tatsache zunutze, daß alle EHEC-Bakterien ein sogenanntes "Verotoxin" bilden und damit zur Gruppe der verotoxinbildenden E. coli (VTEC) gehören. Experten haben sich deshalb darauf geeinigt, alle VTEC als potentielle EHEC anzusehen. Das "diagnostische Paket" umfaßt aus diesem Grund als wesentliches Element den qualitativen Verotoxin-Nachweis. Nach einer Voranreicherung und dem Nachweis der Verotoxin-Bildung bzw. -Bildungsfähigkeit erfolgt die spezifische Isolierung von VTEC-Keimen mit Hilfe monoklonaler Antikörper mit nachfolgender Anzüchtung. Anhand des Nachweises weiterer Virulenzmarker ist die Differenzierung zwischen VTEC und EHEC möglich. Untersuchungsämter, die diesen Nachweis nicht selber führen können, haben die Möglichkeit, VTEC-Kolonien an das Labor der Außenstelle Dessau des BgVV oder an andere Speziallabors zur weiteren Differenzierung zu senden. Interessierten Mitarbeitern der Untersuchungsämter bietet das BgVV nach Absprache Einführungskurse in die EHEC-Diagnostik an.

Das BgVV weist darauf hin, daß der Nachweis von VTEC in Lebensmitteln mit dem kommerziell erhältlichen Enterohämolysin-Agar-Test allein, d.h., ohne vorherige Anreicherung und Isolierung der Keime mit einer hochempfindlichen Methode, nicht sicher möglich ist.

Um Lebensmittelinfektionen durch VTEC oder EHEC-Infektion zu vermeiden, hatte das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes im März 1995 empfohlen, Fleisch nur durchgegart zu verzehren, sogenannte "Rohmilch ab Hof" und Vorzugsmilch vor Genuß abzukochen und auf eine konsequente Hygiene bei der Zubereitung von Speisen zu achten. Insbesondere bei Personen, die besonders empfänglich für Erkrankungen sind, wie Immungeschwächte, Säuglinge, Kinder oder ältere Menschen, sollten Rohmilch und rohes Fleisch deshalb nicht auf dem Speisezettel stehen. Diese Empfehlung hält das BgVV weiterhin aufrecht! Bei Untersuchungen von Roh- und Vorzugsmilch in einigen Bundesländern hatten diese zwar keine verdächtigen Keime gefunden; die nicht ganz einfachen Untersuchungen waren aber weder mit einheitlichen noch mit ausreichend empfindlichen Methoden durchgeführt worden, so daß die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse eingeschränkt, eine Vergleichbarkeit und abschließende Bewertung der Daten nicht möglich ist.

Auf der Grundlage der verbesserten Untersuchungsmöglichkeit und der zu erwartenden Ergebnisse wird dann zu prüfen sein, ob die Festlegung von entsprechenden Grenzwerten und damit eine Änderung von Rechtsvorschriften, z.B. für Vorzugsmilch, erforderlich werden.

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